Full text: (4. Band = 1833, No 1-No 8)

22 N. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 
Symptome waren: Kriebeln und Laufen unter der Haut, Ziehen 
in den Gliedern, besonders in den Armen, Starrkrampf der- 
selben, mehrentheils in Winkelstellung , ' Zusammenziehen der 
Finger, bald in dieser, bald in jener Form, mit eigenen, em- 
pfindlichen Gefühlen darin. 3) Iu allen Fällen waren, mit gänz- 
licher Untersagung des verdächtigen Brotes, die ersten und un- 
entbehrlichsten Heilmittel Brech- und Abführmittel, beruhigende 
und schweisstreibende Arzneien, und dies zwar in allen Stadien 
der Krankheit, Nebenzufälle und Nachkrankheiten abgerechnet. 
4) Der traurigste Ausgang der Krankheit war der Üebergang in 
völlige Epilepsie; glücklicherweise nur selten. 5) Bei Compli- 
cationen der Kriebelkrankheit mit Wechselfieber oder andern 
fGeberhaften Zufällen, besonders entzündlicher Art, unterdrückte 
zwar das Opium die Zufälle der erstern, nach erfolgten Aus- 
leerungen, steigerte aber die Kopfeinnahme so, dass es -nicht 
fortgebraucht werden konnte, bevor nicht starke örtliche Blut- 
entleerungen angewendet waren; auch nachher wurde es nicht 
anders, als mit Salpeter oder andern Mittelsalzen in Verbindung, 
vertragen. 6) Das Opium wirkte nicht eo kräftig, wo kein all- 
gemeiner warmer Schweiss darnach eintrat; hier half Kampher 
mit Nitrum, theils ohne, theils mit Opium in Verbindung. %) 
Wo der Genuss des Mutterkornes fortdauerte, ‚trat die Krankheit 
immer wieder neu auf, fast jedesmal heftiger, auch gern mit 
Epilepsie begleitet. 8) Vorzüglich das jugendliche Alter wurde 
von ihr ergriffen; über die 20 hinauf galten die Fälle nur als 
seltene Ausnahmen, und über die 50 traf sie Niemanden. 9) 
Die einheimische Brechruhr, welche im Jahre zuvor dieses Uebel 
gewöhnlich begleitete, liess sich diesmal nicht wahrnehmen. 
10) Die Krankheit ist weder epidemischen noch contagiösen Ur- 
sprunges, wohl aber kann sie da als endemisches Uebel auf- 
treten, wo das Mutterkorn und der häufige und anhal- 
tende Genuss desselben öfters und vielleicht alljährlich vor- 
kommt, was aber wohl eine Menge nasser Jahre in den Niede- 
rungen hintereinander voraussetzen möchte. Durch Vermeidung 
oder Unterlassung des Genusses des Mutterkornes konnte das 
Uebel theils abgehalten, theils bald unterdrückt werden. 11) 
Manche Kranke bekamen augenblicklich nach der Wirkung des 
Brechmittels einen solchen widernatürlichen Heisshunger, dass 
sie die Speisen, die man ihnen in den Mund stecken musste, 
gleichsam verschlangen, wobei sie compacte Speisen wünschten, 
wenigstens Semmel, Baunerkinder stopften sich am liebsten mit 
Erdbirnen, die in Talg gebraten waren, wovon W. keinen. Nach- 
theil bemerkte. 12) Bei Complication der Kriebelkrankheit mit 
Wechselfieber in hohem Grade sah man schauderhafte Zufälle, 
Fast wie bei der Epilepsie, dennoch kam kein Sterbefall dabei 
vor. Eine Krankheit störte den Lauf der andern nicht, und jede 
musste besonders beseitigt werden. W. liess stets das Fieber 
unberücksichtigt und hob erst jene Krankheit, worauf denn
	        
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