Full text: (4. Band = 1833, No 1-No 8)

18 Ill. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik, 
Wie die erste vor oder gleich nach der Geburt sich kund giebt, 
go entwickelt sich letztere erst später, zur Zeit der Pubertät, 
Endlich: Wie angeborene Syphilis wahrscheinlich nur bei allge- 
meiner Lues möglich ist, so entsteht die hereditäre nur, wenn 
der Vater, als er zeugte, an secundärer Syphilis litt. — Binnen 
8 Jahren beobachtete B. 3 Mal hereditäre Syphilis. Der eine 
Fall betraf einen 16jährigen, kleinen; zarten, etwas aufgedunsenen, 
blonden Knaben, der wegen einer seit 14 Tagen entstandenen 
Deffnung im harten Gaumen Hülfe suchte. Einige Monate früher 
hatte der Kranke an dieser Stelle Schmerzen, besonders Nachts, 
mit starkem Brennen gehabt, worauf Auftreibung und eine roth- 
braune Geschwulst erschien, welche aufbrach und stinkenden Eiter 
mit Blut und Knochenstücken entleerte. Die Ränder sahen ganz 
wie bei Geschwüren der secundären Syphilis aus, die Nasenknochen 
waren aufgetrieben und schmerzhaft, und die Sprache röcheite 
etwas. Am merkwürdigsten waren 2 Geschwüre auf der rechten 
Mandel und im Hintergrunde des Rachens am Gaumensegel mit 
nufzeworfenen,, blaurothen Rändern und sehr speckigem Grunde, 
über deren Entstehen nichts auszumitteln war. Sonst befand 
sich der Kranke nicht besonders schlimm. Der Verdacht fiel 
sogleich auf syphilitische Ansteckung, doch liess sich trotz der 
sorgfältigsten Untersuchung nicht die geringste Spur einer un- 
mittelbaren Ansteckung ermitteln. Eine antisyphilitische Behand- 
{ung durch Sublimat, Rusrt’s Pinselsaft gegen die Geschwüre 
u. 8. w. hatte den besten Erfolg, und das spätere Geständniss 
des Vaters bestätigte die Ansicht des Verf.s, dass dieser Fall 
der Lues hereditari@a angehöre. Der Vater des Kranken, sagte 
nämlich aus, dass er, als er diesen Sohn gezeugt,.an syphili- 
tischen Knochenschmerzen und an einem Ausschlage in Form 
von pfenniggrossen, kupferrothen Flecken an Schenkeln und 
Brust gelitten habe. Er sey als Soldat, 2 Jahre vor seiner 
Verheirathung , angesteckt, von Militärärzten behandelt und end- 
lich als geheilt entlassen worden, worauf er geheirathet habe. 
Bald nachher sey das Kxanthem ausgebrochen, und es hätien 
sich Schmerzen in den Knochen eingestellt. In dieser Zeit sey 
seine Frau schwanger geworden. Er habe dann mit früher be- 
nutzten Pillen sich geheilt, doch sey am rechten Unterschenkel 
eine Knochenanschwellung geblieben. Der Sohn sey fast immer 
gesund gewesen, habe aber immer schwächlich ausgesehen und 
zey kleiner als andere Kinder gewesen, Die Mutter habe nie 
Syphilis gehabt, und die spätern Kinder wären völlig wohl, nur 
der zweite leide an geschwollenen Halsdrüsen. Nach dieser 
Eröffnung wurde die eingeschlagene Behandlung fortgesetzt, und 
in 24 Monat war der Knabe völlig geheilt, — Den 2. Fall 
lieferte ein 18jähriger junger Mensch, bei dem sich die Syphilis 
fast wie im ersten Falle äusserte, nur kamen noch nächtliche 
Knochenschmerzen hinzu. Da der Vater, der sehr ausschweifend 
vor und in der Ehe gelebt hatte, schon gestorben war, so liess
	        
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