Full text: (4. Band = 1833, No 1-No 8)

214 {ll. Materla medica und Toxikologie, 
körper- und geisteskräftiger Knabe verliert auf einmal die Lust 
zu seinen Spielen und Beschäftigungen, klagt über Kopfschmerz, 
Appetitlosigkeit u. sa. w.. Sein Arzt glaubt eine Leberkrankheit 
vor sich zu haben, da sich auch Fieber dazu gesellt hat, was 
den Kranken zum Liegen nöthigt; er konnte, wie er sich aus- 
drückte, die Schwere seines Kopfes nicht ertragen; keine Spur 
von Delirium. Das Fieber verschwand, allein der Kranke blieb 
anvermögend aufzustehen. Später zeigte es sich, dass dies von 
einer Lähmung der Rückenmuskeln herrühre; dabei grosse Em- 
pfindlichkeit gegen Geräusch, Gedächtnissschwäche; das Aufrich- 
ten des Kopfes, schon der Versuch dazu mit Unterstützung durch 
Kissen, bewirkten Ohnmacht, Uebelkeiten, heftige Schmerzen, 
als wenn man mit Messern längs des Rückgrats herabführe, auch 
erzeugte ein Druck auf den Zwischenraum zwischen dem 1. und 
2. Halswirbel das Gefühl von Schwindel und Uebelkeiten. Nach 
und nach verloren sich diese Erscheinungen, so dass Pat., durch 
Kissen gehörig gestützt, aufrecht sitzen konnte, nur ward wäh- 
rend der Aufrichtung der Puls unordentlich, Lippen und Gesicht 
blau; bald darauf stellte sich Schlaf ein, der meist eine Stunde, 
mit leichten Convulsionen verbunden, anhielt; nach diesem Schlafe 
ertrug Pat. die aufrechte Stellung den übrigen Tag ber. Die 
genannten Zufälle wurden eine Woche über bemerkt. Nach Ver- 
lauf derselben geschah das Aufsitzen ohne jene Erscheinungen, 
nur konnte der Kranke weder den Kopf noch irgend einen Theil 
der Wirbelsäule bewegen; ohne Stütze sank er zusammen. Der 
Gebrauch der Arme und Füsse war ungestört. Der Appetit war 
höchst seltsam, Monate lang lebte Pat. von einer und derselben 
Speise, z. B. von Haselnüssen, Rüben u. s. w.; die letzten 14 
Monate hatte er bloss Kartoffeln mit Salz und etwas Butter ge- 
gessen, dabei aber sehr an Fleisch zugenommen. Mehrere Mo- 
nate hatte er gar nicht, später aller 2—3 Tage bloss 1 bis 2 
Weingläser voll getrunken. Der Geruch von solchen Speisen und 
Getränken, welche er nicht selbst gewünscht hatte, verursach- 
ten Blässe, Ohnmacht, Uebelkeiten. Die Krankheit hatte bis 
zum 29. Oct. 1831, ungefähr 4 Jahre lang, gedauert, wo eine 
genaue äussere Untersuchung dem (ungen.) Verf. ein normales Ver- 
halten der Rückenwirbel und der Rückenmuskeln zeigte; das 
Aussehen war gut, die Functionen des Unterleibes so wie Puls, 
Appetit, Stimmung ungestört. Früher hatte man ‚angewendet 
Ertliche Blatentziehungen , Fontanelle, immerwährende spanische 
Fliegen, Mercnrialeinreibungen, Quecksilber innerlich u. 8. w., 
jedoch ohne den geringsten Erfolg. Den 1. Nov. 1831 wurde 
mit 37 Gran schwefelsaurem Chinin begonnen, täglich drei 
Mal zu nehmen; den 16. Nov. nahm der Kranke sechs 
Dreissigtheile; den 19. Nov. klagte er über Benommenheit des 
Kopfes, sah sehr blass aus und verlor eine halbe Minute lang 
das Bewunsstseyn. Die Dosis ward darauf bis zu „4% Gr. verrin- 
gert, nach und nach aber wieder bis auf 4 am 24. Nov. gestei-
	        
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