16 IL Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
Fötus syphilitisch, wenn die Mutter eyphilitische Exantheme hat.
Welchen Einfluss der syphilitische Vater auf Entstehung der an-
geborenen Syphilis hat, ist durch Erfahrung noch nicht bewie-
sen, und der früher ausgesprochene Satz, dass vom Vater das
venerische Gift nie auf das Kind übergehe, kann bis jetzt in
Bezug auf angeborene Lues durch Thatsachen wohl noch nicht
widerlegt werden. — Wenn syphilitische Mütter gesunde Kinder
zur Welt brachten, so litten sie nur an primären Formen —
eine Behauptung, die es verdient, durch sorgfältige Beobachtung
bestätigt, oder berichtigt zu werden. — II. Dass der Fötus im
Uterus von Syphilis befallen werden könne, haben Aerzte von
Rufe geläugnet. Einige von ihnen verbinden jedoch einen ganz
unrichtigen Begriff mit dem Worte Ansteckung. Sie meinen
nämlich, eine solche Ansteckung könne nur durch Blut oder
Lymphe der Mutter geschehen, das Blut aber sey nie Träger
eines Anstecknngsstoffes. Demnach sey so keine Ansteckung
möglich. Andere, z. B.° Jorre, finden in Beschaffenheit und
Leben des Eies im Uterus geradezu eine mechanische Unmög-
lichkeit einer solchen Ansteckung. Wenn pun aber alles me-
chanisch geschähe, oder sich mechanisch erklären liesse, dann
könnte man diese Unmöglichkeit wohl gern zugeben. So gut
übrigens die Pocken den im Uterus eingeschlossenen Fötus be-
fallen können, wenn die Mutter daran leidet, was, wenn auch
Joa u. A, ebenfalls dagegen sprechen, doch durch Thatsachen
bewiesen ist, eben so gut kann auch die syphilitische Mutter
die Syphilis auf das Kind übertragen, besonders wenn sie als
Exanthem erscheint. Man giebt angeborene Scropheln zu, oder
muss sie zugeben — angeborene Syphilis aber längnet man weg!
Man ist überzeugt, dass sich Ei und Embryo nicht wohl befin-
den können, wenn die Trägerin derselben eine ansteckende
Krankheit hat, und doch giebt man die ‚Ansteckung nicht zu,
Man verlangt zum Beweise einer Anstecknng im Uterus, dass
das Neugeborene die syphilitischen Formen gerade so ausge-
prägt, wie Erwachsene, zeigen solle, und doch ‚äussern sich gar
manche Krankheiten ganz anders bei Kindern als bei Erwachse-
nen, was ja auch bei Syphilis, der Fall seyn kann. Atrophie,
Abgestorbenseyn der Oberhaut, Pusteln, Blasen u. dergl. spre-
chen deutlich genug für Syphilis und Geschwüre, Condylome
und Knochenschmerzen sind nicht gerade nöthig. Fragte man
endlich, warum, wenn Ansteckung des Fötus durch die Schwan-
gere denkbar sey, diese nicht öfterer vorkomme, so liesse sich
dies wohl aus dem ziemlich seltenen Vorhandenseyn der zur
Erzeugung der angeborenen Syphilis nöthigen Bedingungen er-
klären. Auch werden, zur Zeit ansteckender Krankheiten 10
davon befallen, während 10 und mehr andere gesund bleiben. —
Noch muss hier Einiges über die Ansicht Breyer’s in Bezug auf
diesen Gegenstand angeführt werden. Er sah nämlich bei einer
sehr syphilitischen Schwangern während der Schwangerschaft