208 11. Pathologie, Therapie und mediclnische Klinik.
geschwächt, noch sehr mager, ihr Gang im Verhältniss zu dem
ungeheuer aufgetriebenen Unterleibe leicht genug, der Puls we-
der hart, noch weich, noch sonst unregelmässig, die Respiration
nur periodenweise belästigt und die Bauchwände gespannt und
verdünnt durch die Anhäufung des Serums. Nur von Zeit zu
Zeit stellte sich ein schmerzhaftes Gefühl in der Gegend des
Zwerchfelles ein. Das Uebel hatte schon ein Jahr angedauert.
Nachdem sich F, überzeugt hatte, dass keine Complication und
keine neue Schwangerschaft vorhanden war, verordnete er der
Kranken 2 Kiystiere, liess sie hierauf einige Tage ruhen und
unternahm dann den Bauchstich, durch den 36 Pfund trübes,
dickes, doch nicht übelriechendes Serum entleert wurden. Da
nun Pat. um jeden Preis von ihrer Krankheit gänzlich befreit
seyn wollte, so entschloss sich F., ihr den Unterleib mit brei-
ten Compressen und einer breiten Bandage dermaassen zusam-
menzuschnüren, dass sie kaum frei Athem holen konnte. Am
zweiten Tage nach dieser Einschnürung fing der Urin an reich-
licher abzufliessen, aber das Peritoneum und die Eingeweide
schienen den Druck schlecht zn vertragen, denn es stellten sich
heftige Schmerzen im Unterleibe ein, zu denen sich am Ende
des 3. Tages heftiges Fieber, Schauer, Uebelkeit, Erbrechen
gesellten, und eine Entzündung, die F, beabsichtigt hatte, liess
sich nicht verkennen.‘ Es wurden nun die Compressen und die
Bandagen weggenommen, erweichende Umschläge anf den Un-
terleib gelegt, 3 starke Aderlässe in 24 Stunden gemacht und
Nitrum nebst Digitalis verordnet, um theils die Entzündung zu
mässigen, theils den Urinabgang zu befördern. Nach 6 Tagen
war die Entzündung verschwunden, das Fieber gewichen und die
Kranke in dem Stadio der Reconvalescenz. Kin Recidiv fand
sich nicht ein, der Leib schwoll nicht wieder an, der Urin floss
regelmässig, und nach 1 Monate konnte die Kranke als voll-
kommen geheilt entlassen werden. Jetzt, nach 4 Jahren, ist
die Heilung noch immer vollkommen. 2) Ein 37jähriger, robu-
ster Koch; der ein liederliches Leben: führte, wurde im 35.
Jahre bauchwassersuchtig. Als er sich an F, wendete, war er
schon vier Mal abgezapft worden. Das Gesicht war blass, der
Unterleib ungeheuer aufgetrieben, der Puls regelmässig. Nach
Anwendung einiger Klystiere wurde zum 5. Male der Bauchstich
gemacht. Die entleerte, tief rothgelbe Flüssigkeit betrug gegen
40 Pfund und verbreitete keinen übeln Geruch, Die unmittel-
bar nach dem Abflusse des Wassers unternommene genaue Un-
tersuchung des Unterleibes liess keine organische Fehler ent-
decken, daher sich F. entschloss, auch in diesem Falle die Com-
pression zu versuchen. Der Unterleib wurde auf dieselbe Weise,
wie in dem ersten Falle, eingewickelt , und die Bandagen bis
zum Erscheinen entzündlicher Symptome liegen gelassen, wo sie
dann weggenommen und erweichende und beruhigende Einrei-
bungen auf den Unterleib angewendet wurden. Die Nothwen-