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VL Psychiatrie.
krampfstillende Mittel leicht Durchfall und kühlende Salze leicht
Erbrechen erregten, bestimmte den Verf., bloss äusserliche Mit-
tel anzuwenden, und er verordnete daher Bäder, örtliche und
allgemeine Blutentziehungen, Reibungen. der Rückgratsäule,
Einreibungen der Brechweinsteinsalbe, um den Per. solar. in Ge-
genreigung zu setzen, Ööfteres Bestreichen des Unterleibes mit
Crotonöl; sorgte für Heiterkeit des Geistes; liess Bewegung zu
Fuss und zu Wagen im Freien machen; gab später das Mor-
phium, nämlich einen Gran in einem Glase Zuckerwasser zu
verschiedener Zeit in wiederholten Gaben gereicht (ein Mittel,
das ihm in rein nervösem Kopfschmerz und einem Falle von lange
dauernder Migräne vortreffliche Dienste leistete), und liess end-
lich an beide Schläfen Blasenpflaster legen, welche Anfangs
mit +, dann mit }, und zuletzt mit 4 Gran Strychnin be-
streut waren. Allein alle Mittel blieben ohne Erfolg und wäh-
rend der Anwendung der Zugpflaster wurden die Zufälle so-
gar so heftig, dass ein Ausbruch von Tobsucht zu befürchten
war. So vergingen einige Wochen unter abwechselnder Ruhe
und Schmerz mit mehr oder minder starker Steigerung des
phrenitischen Uebels. Eines Morgens trat ein heftiger Fieber-
zustand ein; die Submaxillardrüsen schwollen an; die Stimme
wurde heiser; das Schlingen erschwert; ein Sehnenhüpfen der
Kaumuskeln zeigte sich; der Seelenzustand war höchst aufge-
regt. Das Hallersche Sauer in Fliederthee, Fussbäder und ein
Aderlass von 10 Unzen besänftigten die Anfälle, und nach einer
ruhigen Nacht erwachte die Kranke heiter und klagte über nichts,
als ein erschwertes Bewegen der Zunge. Als H. die Mundhöhle
untersuchte, fand er hinter dem letzten Stockzahne linker Seits,
welcher als 8. g. dens sapientiae nicht zu verkennen war, den
Durchbruch eines jungen Zahnes, der sich in der Folge als ein
volilkommener Backzahn ausbildete.. Nach Verlauf von 3 Wo-
chen war der Zahndurchbruch auf der rechten Seite ebenfalls,
jedoch mit weniger heftigen Zufällen beendigt, und Patientin
in ihrem 40sten Jahre zu dem Besitze zweier neuen Zähne ge-
langt. Nach Beendigung dieses Zahngeschäfts trat eine vollstän-
dige Beruhigung, sowohl der Schmerzen als der Phantasien ein;
die Kranke besserte sich immer mehr und mehr und befand
sich nach Verlauf von 2 Jahren noch wohl und gesund. [Hufe-
land’s Journ. der prakt, Heilk., Jun. 1832.] (Fr.)
123. Ueber die Zweckmässigkeit der körperli-
chen Correectionsstrafen in Irrenanstalten; von Dr.
ELseER in Zwiefalten. Die körperlichen Correctionsstrafen in Ir-
renanstalten haben unter Aerzten und Laien, wie hinreichend
bekannt ist, viele Gegner, aber auch viele Vertheidiger gefun-
den. E. ist, nachdem er die Ansichten berühmter Irrenärzte
und ihre Gründe für und wider die körperlichen Corrections-
strafen ohne Vorurtheil und unbefangen abgewogen hat, mit
Rusr zu der Ueberzeugung gekommen, dass zwar körperliche