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V. Psychiatrie.
tigiöse Melancholie. Es fehlt nicht an historischen Beispielen,
die dies hinlänglich beweisen; ja es spricht sich jene nahe Ver-
wandischaft auffallend genug auch dadurch aus, dass sogar auf
die, Geschlechtssphäre wirkende Stoffe, wie die Datura, auch
diese Formen psychischen Erkrankens namentlich hervorzurufen
vermögen (Sauvaces, Nosolog. method., T. III, P. 1.). ©)
Endlich charakterisiren sie sich auch durch Mordtrieb, der
entweder gegen das eigene Leben oler gegen Andere ge-
richtet ist, Man hat häufig bei Selbstmörderinnen Desorganisa-
tionen namentlich in den Ovarien gefunden. -(Pyı., Aufsätze u,
Beobacht. a. d. gerichtl. Arzneiw., 1. Samml., S. 58; 8. Samml,,
S. 88. Frorısr, Notizen, Nr. 92, S. 57%. Berlin. Monatsschr.,
August 1787, S. 172.) — 2) Störungen im Menstrual-
flusse. Diejenige Seelenkrankheitsform , welcher eine Unter-
drückung der Menstruation zu Grunde liegt, tritt meistens
als Melancholie auf, die sich durch tiefe Traurigkeit, Hinbrüten
über einer finstern Idee, Lebensüberdruss, Neigung zum Selbst-
morde und sehr häufig auch als religiöses Irrseyn charakterisirt,
Unterdrückung der Menstruation kann überhaupt auf 2fache
Weise psychische Krankheit erzeugen: a) Indem die Blutströmung
eine centrale Richtung erhält und Congestion zum Kopfe be-
dingt, wobei entweder 1) das Gehirn durch Druck leidet, wenn
die Congestion bedentend ist, und das psychische Leiden mit
dem Charakter der Depression, z. B. als Blödsinn, auftritt, oder
2) bei weniger bedeutendem Grade der Congestion das Ge-
hirn aufgeregt wird; es entsteht psychisches Leiden mit dem
Charakter der Exaltation, Narrheit, Tobsucht u. s. w. b) Häu-
figer aber liegt der Grund des psych. Erkrankens im Pfortader-
aysteme, das durch Hemmung der Menstruation, als einer mit
ihm in Verbindung stehenden venösen Secretion, krankhaft affi-
tirt wird, und dann entstehen die Melancholieen mit dem oben
angegebenen Charakter (Nasse, Greving a. d. a. O.). Auch
bei regelmässig erscheinender, aber von aufregenden Symptomen,
heftigen Schmerzen, Nervenzufällen u. dergl. begleiteter Men-
strnation kann zuweilen Irrseyn entstehen (PerFecr). Beson-
dere Beachtung aber in psychischer Beziehung verdient das erste
Erscheinen der Menstruation, das oft von einer mysteriösen
oder religiösen Melancholie, seltener von einer psychischen Ex-
altation begleitet wird (Vorsın, Osıanper). Besondere Erörte-
rung in pathologischer Hinsicht erheischen die mit der Hemmung
im ersten Auftreten der Menstruation verbundenen Störungen im
Begehrungsvermögen, die sich durch Triebe der seltsamsten
Art kundthun, unter denen wieder der Brandstiftungstrieb oder
krankhafte Lichttrieb, Feuertrieb, am merkwürdigsten ist, den
mehrere Fälle (PLaryer, Kırın), ungeachtet der Einwendungen
neuerer Juristen, zur Genüge erweisen. F., der diese Nei-
gung zum Brandstiften als das Resultat eines abnormen psy-
chischen Begehrens überhaupt und eines Triebes nach Feuer