Full text: (4. Band = 1833, No 1-No 8)

il. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 5 
Jass die Seuche durch irländische Auswanderer nach Quebek 
gebracht worden sey, wogegen, wenn auch allerdings die aus- 
wandernden Irländer sich oft in sehr traurigen Umständen be- 
finden, und leicht eine zu grosse Anzahl auf einem Schiffe zu- 
sammengehäuft wird, sieh doch Manches anführen lässt. So ist 
es z. B. 1) nicht wahrscheinlich, dass ein Capitain Cholera- 
kranke ‘oder vor Kurzem mit diesen in Berührung Gewesene auf 
sein Schiff genommen habe; 2) dass die Auswanderer selbst der 
Cholera Verdächtige bei einer bevorstehenden langen Seereise 
unter sich gelitten hätten und 3) würde, da die Ueberfahrt 35 
—40 Tage dauert, die Cholera bereits auf den Schiffen ausge- 
brochen seyn. Wäre aber ja die Cholera auf diese Weise in 
Quebek eingeschleppt worden, so ginge wenigstens daraus die 
völlige Nutzlosigkeit aller bis jetzt zur Plage der Menschheit 
angewendeten, meistens doch nur halben Sperrmaassregeln her- 
vor. — Abgesehen von der Contagionsfrage, die doch wohl am 
einfachsten und mit der Naturbeobachtung am übereinstimmend- 
sten so entschieden wird, dass man zwar ein Contagium an- 
nimmt, aber auch eine ursprüngliche Entstehung der Seuche 
entweder durch Miasma, wozu hier auch die uns unbekannten 
tellurischen, siderischen und kosmischen Einflüsse gerechnet wer- 
den, oder durch selbstständige Entwickelung im Körper, hat übri- 
gens das Erscheinen der Cholera in Amerika auch noch manches 
andere Interessante, über das einstweilen folgende Aphorismen 
genügen mögen, zu denen amerikanische Zeitungen die Mate- 
rialien boten. Sie werden deutlich zeigen, dass sowohl die 
Krankheit, als die von ihr Befallenen in Amerika dieselben Ei- 
genthümlichkeiten wie in Europa zu erkennen gaben: 1) Die 
Aerzte stritten sich, ob die vorhandene Krankheit wirklich die 
Cholera sey, bis die Zahl der Erkrankungen und Todten den 
Streit schlichtete. 2) Die Krankheit zeigte sich immer zuerst 
und am heftigsten unter der ärmsten, schmuzigsten und Aus- 
schweifungen ergebenen Menschenklasse; doch ging sie an meh- 
reren Orten auch auf die vornehmeren Klassen über. 3) Mehr 
als die Hälfte der von der Seuche Ergriffenen fiel als Opfer, 
ja es war das Sterblichkeitsverhältniss an manchen Orten und 
zu Anfange der Epidemie noch viel ungünstiger. 4) Das Man- 
nesalter war das am meisten zur Krankheit geneigte. 5) Das 
yemeine Volk benahm sich beim Ausbruche der Cholera an vie- 
len Orten eben so thörig als an mehreren Orten unseres Erd- 
theiles, ja wohl noch schlimmer. 6) Die Höhe der Epidemie 
fiel auf die 3. oder 4. Woche, an einigen Orten aber trat die 
Seuche in den ersten am heftigsten auf. 7%) Die Krankheit 
pflanzte sich nicht allmählich weiter fort, sondern sprungweise 
und zwar gewöhnlich an solche Orte, die mit den befallenen 
in weniger Berührung standen, als die frei gebliebenen. 8) Hoch- 
gelegene, reinliche Theile von Städten blieben mehr oder weni- 
ger verschont. 9) Soldaten wurden weniger von der Krankheit
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.