Full text: (4. Band = 1833, No 1-No 8)

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Il. Materka medica und Toxikologie. 
halbe Drachme und steigt allmählich bis zu einer ganzen, die 
S Mal täglich genommen wird. Jüngere erhalten verhältniss- 
mässig weniger. Werden die Anfälle seltener und gelinder, so 
giebt man noch einige Zeit die gleiche Gabe fort, ja selbst 
wenn das Uebel ganz geschwunden ist, muss noch ein halbes 
Jahr täglich 4 Mal ein Quentchen genommen werden. — In 
mehreren Fällen von eingewurzelter Epilepsie hat sich bereits 
dies Mittel bewährt, und L. selbst hat die auffallende. Wirkung 
desselben in 2 Fällen als consultirender Arzt beobachtet. Bei 
einem durch Onanie geschwächten jungen Manne, der einige 
Jahre hindurch häufig epileptische Anfälle gehabt hatte, wurde 
das Uebel binnen einem Monate durch Indigo fast ganz ver- 
scheucht. Nur ein geringer Anfall kam nach 9 Wochen zurück. 
Den andern Fall lieferte ein blühendes, }7jähriges, seit mehre- 
ren Monaten bei ungestörten Katamenien an Convulsionen leiden- 
des Mädchen. Zuckungen, Verzerrungen, tonische und klonische 
Krämpfe, Herumschlagen mit den Händen, Rück- und Vorwärts- 
beugen des Rumpfes, Aufspringen und Stau:pfen mit den Füs- 
sen und Herumwerfen des Leibes in verschiedener Richtung 
wechselten in gewisser Folgereihe ab. Ein anhaltendes, dureh- 
dringendes, wahrhaft schreckliches Schreien, das Lunge und 
Luftwege zu zerreissen drohte, schreckte die Umstehenden. In 
den kurzen Zwischenperioden war die Kranke bei Bewusstseyn 
und liebkoste die Mutter, bald aber trat, und immer mit er- 
höhter Heftigkeit, der Anfall wieder ein und liess Apoplexie 
oder Berstung der Lungen fürchten. Der Typus dieser bald 
der Epilepsie, bald dem Veitstanze ähnlichen Anfälle war so 
bestimmt, dass die Umstehenden aus den Erscheinungen das 
Ende der gewöhnlich ihre bestimmte Dauer habenden Anfälle 
vorhersagen konnten. War der Anfall zu Ende, so schien die 
Kranke gleichsam zu erwachen; sie klagte über nichts und war 
nur eine kurze Zeit matt. Nachdem allerlei Mittel vergeblich 
versucht worden waren und der Magen kaum noch Medicamente 
vertrug, versuchte v, StTAaHLY den Indigo, der erst ungern ge- 
nommen und minder gut vertragen wurde. Bald jedoch ge- 
wöhnte sich der Magen an ihn, und die Anfälle wurden, als er 
in steigender Gabe gereicht wurde, bald seltener und gelinder, 
bis sie ganz ausblieben. Das Mittel wurde noch 9 Monate fort- 
genommen, und nun geniesst seit 2 Jahren das Mädchen bei 
blühendem Ansehen die beste Gesundheit. Ale Ursache dieser 
Krankheit konnte nichts ermittelt werden, als die Entfernung 
eines Lehrers, der mehrere Jahre im Hause sich befunden, doch 
schien mehr das schmerzliche Gefühl der Trennung von einer 
gewohnten Person das zarte Gemüth erschüttert zu haben, als 
verborgene Liebe, was um so begreiflicher, da die Familie der 
Kranken auf einem abgesonderten Landgute einsam lebt, — 
Möchten doch praktische Aerzte Versuche mit diesem neuen
	        
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