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IL. Materia medica und Toxikologie.
den, ihren Söhnen das Uebel mittheilen. Allein diese Anlage
lässt sich weder aus der Beschaffenheit des Körpers, noch aus
der der Haare erkennen. — Zu den Gelegenheitsursachen
werden gerechnet: Ausschweifungen in der Liebe, was Verf,
aber nicht zugiebt. Eben so wenig Gewicht hat die Lustseuche
als Gelegenheitsursache, da die Calvities schon lange vor der
Lustseuche beobachtet wurde. So werden auch die andern Ur-
sachen, welchen gewöhnlich die Calvities zugeschrieben wird, ab-
gefertigt, so. dass wir am Ende gar keine Gelegenheitsursache
derselben kennen. — Prognose und Therapie. Da nicht
allein der obere Theil der Haarwurzel zerstört wird, sondern
selbst die ganze Haarzwiebel mit ihrem Balge abstirbtz so ist
das Uebel völlig unheilbar. Denn dieser Theil und besonders
jenes pulpöse Knötchen, von welchem oben die Rede war, sind
zur Erzeugung eines neuen Haares durchaus nothwendig, so
dass, wo sie nicht mehr vorhanden, eine Wiedererzeugung der
Haare nicht mehr Statt finden kann. Die Calvities lässt sich
selbst nicht in ihrem Beginne aufhalten. ‚Doch da wir wissen,
fährt Verf. fort, dass diese Krankheit nur beim männlichen
Geschlechte vorkommt, weibliche Individuen aber. und Knaben
vor Entwickelung der Pubertät, sowie auch Verschnittene, ver-
schont, — da sogar die Verschnittenen ebenso wie die Weiber
sich eines üppigen Kopfhaarwuchses zu erfreuen haben; so kann
man ...... schliessen, dass dasselbe Mittel, welches den Mann
zum halben Weibe macht, die Kastration nämlich, auch das
beginnende Kahlwerden aufhalten und die Calvities gänzlich zu
verhüten im Stande ist. Aber freilich ist dieses. Mittel schlim-
mer als die Krankheit selbst und kann daher keine Anwendung
finden.‘ [Horn’s Archiv, 1882, Mai, Juni.) (V—t.)
III. MATERIA MEDICA und TOXIKOLOGIE.
58. Ueber die Wirkungen der Galvanopunktur;
von Dr. Becxer. Bald nach Entdeckung‘ des Galvanismus be-
nutzte man ihn mehrfach als Heilmittel. Einige wollten damit
nur eine eigenthümliche Reizung oder Erregung des Nerven-
systemes hervorbringen, andere glaubten sich des galvanischen
Fluidums als Surrogat für die Nervenkraft bedienen zu können,
und wohl nur die Schwierigkeit der Anbringung des. galvanischen
Apparates scheint der Hauptgrund gewesen zu seyn, der bisher
die allgemeinere Verbreitnng der galvanischen Curen verhinderte,
Von anderer Seite war späterhin die bei den Japanern von Al-
ters her gebräuchliche Acupunktur durch die Franzosen in Eu-
ropa eingeführt worden. CLoquetT und SArLAnDIERE kamen auf
den Gedanken, sich der Nadeln als eines Leiters für galvanische
Elektricität in’s Innere des Körpers zu bedienen und durch Ver-
bindung des Galvanismus mit Acupunktur die Wirkung des