[IL Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 417
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um die .Mitternachtszeit ihren Verstand völlig verlor. Dieser
letztere Zustand dauerte einige Tage. Plötzlich entstand im
Kopfe ein Geräusch, als wenn etwas darin geplatzt wäre. Hierauf
fand eich ein Ausfluss einer Menge von Eiter und Blut aus dem
linken Ohre ein, welcher 3—4 Tage anhielt. Die Schmerzen
im Kopfe liessen allmählich nach und hörten endlich ganz auf,
bloss ein Gefühl von Wüstigkeit im Kopfe zurücklassend. Ohne
äussere Veranlassung hörte der‘ Eiterausfluss wieder auf, und
hiermit kehrten die frühern Kopfschmerzen, aber mit grösserer
Heftigkeit zurück. Nur Vormittags hatte die Frau einige Stun-
den Bewusstseyn, wobei sie aber der Verzweifelung nahe war.
Sie sagte, es sey ihr, als wenn der Kopf unter heftig klopfen-
den Schmerzen von der linken Seite zusammengepresst würde;
die Schmerzen empfinde sie mehr in der Tiefe als äusserlich;
sie sey keinen Augenblick frei von dieser Empfindung; nach
Tische nähmen dieselben so sehr überhand, dass sie alle Be-
sinnung verlöre; die ganze Nacht, fügte ihr Mann hinzu, sey sie jetzt
wildrasend. Bei der Untersuchung des Kopfes fand S. hinter und
über dem linken Ohre eine Geschwulst von der Grösse einer halben,
ausgestreckten Hand, welche sich etwa 2—3 Linien über ihren
Umkreis erhob. Sie war flach und ihre Farbe völlig wie die
der übrigen Hautz durch Druck konnte weder ihre Gestalt ver-
ändert, noch der Schmerz im Kopfe vermehrt werden; sie war
vollkommen 8o hart, wie die, dieser entsprechenden Stelle der
andern Seite des Kopfes; unter der Haut fühlte man die einzel-
nen Unebenheiten des Schädels so deutlich, wie an andern Thei-
len desselben. So lange der Eiter aus dem Ohre floss, war das
Gehör sehr geschwächt gewesen; jetzt hörte sie mit dem linken
Ohre so deutlich wie mit dem rechten. Das Allgemeinbefinden
der Frau hatte ungeachtet der Heftigkeit des örtlichen Leidens
kaum eine Veränderung erlitten; Appetit, Verdauung, Puls u. 8. w.
waren regelmässig. — Die Ursache, dass der Kitergang ver-
schlossen wurde und der Ausfluss aufhörte, suchte der Verf,
in noch heftiger Entzündung und damit verbundener Anschwel-
lung der bezeichneten Stelle, und liess, um diesen Ausfluss
wieder herzustellen, 12 Blutegel auf die erhöhte Stelle hinter
dem linken Ohre setzen, nach deren Abfallen einen warmen
Brei aus Herb. cicut., hyoscyam., malv., Capit. papav. alb.,
darüber legen, und den Gehörgang mittelst in O7. ovor. und Ol,
hyoscyam. coct. getauchter Charpiepfröpfe bähen; abwechselnd
hiermit warme Wasserdämpfe durch einen Trichter ins Ohr
leiten und verordnete zum innerlichen Gebrauche Salpeter und
Glaubersalz, von letzterem so viel, um Durchfall zu erregen.
Nach 8 Tagen erhielt er die Nachricht, dass sich der Zustand
immer mehr verschlimmere; dass die Kranke wie eine Wüthende
tobe und kaum im Hause zu halten sey. Eee floss kein Kiter
aus dem Ohre, und die Geschwulst zeigte keine Veränderung.
S. liess mit der Anwendung der äusserlichen Mittel fortfahren,
Summarium 4. Mediein. 1832. IL 27