{V. Chirurgie und Augenheilkunde, 365
in Verbindung steht. 11) 4. scorbuticus. Verläuft langsam und
ohne Schmerz und trägt das Gepräge von .Säfteentmischung.
12) 4. putridus. Begleitet bösartige Fieber und deutet den
höchsten Grad kakochymischer Verderbniss an. — Von beson-
derer Wichtigkeit ist der metastatische Abscess, der an
einer von dem ursprünglich krankhaft ergriffenen Orte entfern-
ten Stelle entsteht und in der ganzen Würde der Krisis sich
darstellt. Der Hergang dieser Metamorphose ist noch nicht er-
klärt. Bald bezeichnete man die Schwerkraft des Eiters, bald
die Action der Muskeln und die Propulsivkraft des Zellgewebes
als Ursache dieser Abscesse, auch suchte man sie, was wahr-
scheinlicher war, durch Aufsaugung des Eiters durch die 1ym-
phatischen Gefässe und besonders durch die Venen, zu erklären,
wobei man jedoch nicht unberücksichtigt lassen muss, dass die
suppurative Entzündung in der Regel auch plastische Fähigkeit
besitzt, wodurch die Wandungen der Kiterhöhle eine cysten-
artige Entwickelung erhalten, die eben nicht eine schnelle Auf-
saugung des Kiters begünstigt. Hat sich einmal Kiter als Ab-
scess gebildet, so soll er seiner Bestimmung nach ausgeführt
werden, weshalb auch die Abscesswandungen kein Resorptions-
vermögen zu haben scheinen, Betrachtet man die in Rede
stehenden Abscesse genauer, so findet man, dass eine Metastase
des Abscesses selbst wohl nicht entstehen kann, wohl aber eine
plötzliche Ortsveränderung der primären Entzündungsgeschwulst,
noch vor der Kiterbildung, indem die ‘Geschwulst schnell ihre
erste Stelle verlässt, weil hier ungünstige Verhältnisse dem Be-
streben der Natur im Wege stehen, dann aber an einer andern
Stelle erscheint und eben so schnell in Eiterung übergeht. —
Gleich wichtig sind die s. g. consecutiven Abscesse, die
durch äussere Verletzungen in inneren Organen, oder in Folge
der Congestion, wohl auch einer Erschütterung entstehen und
denen ein eigenthümlicher Consensus zum Grunde legt. Meist
führen dieselben den Tod herbei, doch können sie auch bis-
weilen für günstige, ein edleres Organ befreiende Erscheinungen
gelten, was z. B. manchmal bei Mastdarmfisteln der Fall ist. —
Die Mitte zwischen dem acuten und chronischen Abscesse halten
die glandulösen und die scorbutischen und stellen den
Uebergang vom phlegmonösen zum kalten Abscesse dar. Der
letztere, der auch Lymphabscess genannt wird, entwickelt
sich langsam aus einer kaum bemerkbaren Geschwulst, und es
würde manche Lymphgeschwulst verhütet werden, wenn ihr An-
fang nicht in der Regel unbeachtet bliebe, und wenn man zeitig
ein passendes Heilverfahren anwendete. Die langsame Ausbil-
dung dieser kalten Abscesse und der lange Aufenthalt des Eiters
in seiner torpiden Höhle erklären hinlänglich die Schwierigkeit
einer. soliden Vernarbung und den langsamen Gang der Heilung.
Von diesem Gesichtspunkte aus müssen die einzelnen Curmetho-
den gewürdigt werden, wobei nicht verschwiegen werden darf.