292 I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik,
1825 öffnete sich die Geschwulst, deren Umfang damals 14 Elle
maass, von selbst, worauf in den ersten 12 Stunden eine blu-
tige, eiterähnliche Flüssigkeit, in den folgenden 5 Tagen aber
ein gelbliches Wasser mit Tausenden von Blasen von der Grösse
eines Nadelkopfes bis zu der eines Hühnereies ausgeleert wur-
den. Die Geschwulst bildete eine geschlossene Höhle, in der
man mit der Sonde in allen Richtungen umherfahren konnte und
die Blasen einzeln umherschwammen. Die farblosen, keine
Spur von Gefässen zeigenden Blasen führten eine wasserhelle,
ungefärbte Flüssigkeit und hingen weder unter sich, noch mit
ihrer Höhle zusammen, sondern kamen einzeln zum Vorscheine.
Die sie überziehende Haut war bei den grösseren fester und
halbdurchsichtig, bei den kleineren zarter und durchsichtiger.
Die ersteren waren mehr eiförmig, die letzteren mehr kugelig.
Echinococcos enthielten sie nicht, wohl aber hatte — was sehr
wichtig ist —. eine Blase einen ziemlich starken, geraden Kanal,
der, sich an’seinen Knden etwas erweiternd, quer durch sie
hinzog und sich an jedem Ende mit ziemlich weiter Oeffnung
nach aussen öffnete. — Nach dem eben Mitgetheilten gehört
die beschriebene Geschwulst hinsichtlich ihres Vitalitätszustandes
wohl zu den s. g. kalten Abscessen, deren Höhlen, wie bei den
phlegmonösen Abscessen, mit einer neuerzeugten Membran aus-
gekleidet sind, welche nach ihrem Vitalitätszustande ein dem
Eiter näher oder entfernter stehendes Secret absondert, das sich
als plastische Lymphe, Serum, Ichor, Sanies darstellt. Im er-
wähnten Falle bot die Höhle der Geschwulst den verschieden-
artigsten Inhalt. Man fand nämlich ein blutiges, eiterartiges
Secret, ein gelbliches Serum und Tausende von Blasen, die
wohl durch Gerinnung der abgesonderten plastischen Lymphe
enstanden waren und den Hydatiden zuzurechnen sind, die man
nach LAENNnEC unpassend Acephalocysten genannt hat. — Darüber,
ob diese Acephalocysten leben, oder leblos sind, hat man viel
gestritten. LaxxnKc, LÜbErRSENn, BrREexserR, NırzscH, LEUCKART
und Cioquer halten sie für lebend, Rusoveuı für leblos, und
lie von letzterem gegen das Leben derselben angeführten Gründe
scheinen allerdings viel für sich zu haben, da ein Theil ohne
Selbstthätigkeit und ohne organischen Bau doch nicht für ein
lebendes Thier gehalten werden kann. — MNeun Monate nach
Aufbruch des Abscesses war übrigens die Genesung, wenn auch
unter ungünstigen Umständen, doch sehr glücklich erfolgt. Man
sah von einer Geschwulst oder Abnormität nicht das Geringste,
und die Verrichtungen des ergriffenen Theiles gingen ganz ge-
hörig von Statten, auch erschienen die Katamenien bald darauf
und kehrten regelmässig zurück. Jetzt dient das Mädchen wie-
der und verrichtet bei guter Gesundheit die schwersten Arbeiten,
(Hecker’s litter. Annalen, April 1832,] (K-—e.) ;
239. Ueber den Kopfgrind; von Prof. Dr. NAUMANN
zu Bonn. In den meisten Fällen hängt wohl der Kopfgriud ent-