VI. Gynäkologie und Pädiatrik.
durch sie auf die Leibesfrucht geschehen lassen, überselıen
hierbei ganz, dass ein Druck, der die Frucht erst mittelbar
durch den Uterus träfe, eben so gut diesen als jene herabtrei-
ben müsste, besonders da durch ihn das untere Gebärmutter-
segment unmöglich eröffnet werden könnte, abgesehen davon, dass
sich ein Vorgang, wie die Geburt, ohne vermittelnde Kräfte gar
nicht denken lässt. — 2) Versetzung der Wehen. Eben
50 unpassend findet M. den Ausdruck: Versetzung” de r We-
hen, da Geburtswehen ihrem Wesen nach ausschliesslich nur in
der. Gehärmutter vorkommen können. Doch ist nicht zu läug-
nen, dass zuweilen Schmerzen im Unterleibe einer Kreisendeu,
ja wirkliche Geburtswehen aufhören, indem gleichzeitig Schmer-
zen und Krämpfe an anderen Theilen entstehen. Der Grund
dieser Ereignisse ist eine allgemeine Anlage zu Rheumatismen
und Krämpfen, welche entweder schon in der letzten Zeit der
Schwangerschaft oder beim Beginn der Geburt in den Unter-
leibseingeweiden oder selbst in der Gebärmutter zum Ausbruche
kommt und so die Schmerzen erregt, welche fälschlich für
wahre Wehen gehalten werden. Erkältung ist die häufigste Ur-
sache, durch welche dieselben hervorgerufen werden. Geschieht
nun zu ihrer Beseitigung etwas, als: Erwärmung des Unterlei-
bes, schmerzstillende Einreibungen u. 8. w., so verschwinden
oft diese besonderen Zufälle, erscheinen aber sogleich wieder
an einem anderen Theile. Oder es ist 2. bei der nämlichen all-
gemeinen rheumatisch -nervösen Anlage die Geburt schon in den
Gang gekommen, und es sind wirkliche Wehen vorhanden, es
kommt aber durch irgend eine Ursache plötzlich jene Anlage
an einer oder mehreren Stellen mit einem solchen Allgemeinlei-
den zum Ausbruche, dass dadurch die Geburtsthätigkeit aufgeho-
ben wird. 3) Falsche und wahre Wehen. Selten werden
mit diesen Ausdrücken klare Begriffe verbunden. Die wahren
Wehen sind der Ausdruck des Veberganges der Mutter ans dem
geschwängerten in den ungeschwängerten Zustand. Sie beginnen
im unteren Abschnitte der Gebärmutter und verkleinern dieselbe
nach der Stellung der Blase in ihrem ganzen Umfange, treiben
den vorliegenden Theil der Frucht in’s kleine Becken und hin-
terlassen, sobald sie aufgehört haben, keine Schmerzen. PFal-
sche Wehen sind Zusammenziehungen der Gebärmutter, welche
von Krankheitsursachen bedingt sind. Sie treten ohne Folgenreihe
und unordentlich ein, bleiben nur auf einzelne Partien der Ge-
bärmutter beschränkt, sind wegen ihrer ‚einseitigen und fal-
schen Richtung äusserst schmerzhaft, geben zu Gebärmutterris-
sen Veranlassung , lassen selten ganz nach, verkleinern den Ute-
rus nicht, tragen nichts zur Öeffnung des Muttermundes bei,
schieben gewöhnlich den vorliegenden Fruchttheil zur Seite und
verzögern die Geburt. Der Geburtshelfer muss die falschen
Wehen erst heben, ehe er durch mechanische Mittel die Ge-
burt zu beendigen sucht. 4) Zu schwache und zu starke
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