228 V. Chirurgie und Augenheilkunde.
voller Ruhe aber wurde dies leise Berühren vertragen. Ein
stärkerer Druck mit der Hand, oder stärkeres Reiben während
des Anfalls schien denselben ahzukürzen. Besonders häufig er-
schien der Anfall! während des Essens. In 4 Jahren war die
Kranke nur einmal 6 Wage von‘ diesem Uebel befreit, sonst
wurden lie Anfälle wohl bisweilen gelinder und seltener, blieben
jedoch nie ganze Tage aus. Witterung und Jahreszeit schienen
auf die Schmerzen keinen Einfluss zu üben. Ausser starken
Congestionen nach oben, war das Befinden der Kranken gul;
sie hatte Appetit, ihre Verdauung war gut, wenn sie auch oft
die Speisen ungekaut hinunterschlucken musste, da das Kauen
den Schmerz aufregte; Leibesöffnung erfolgte täglich. Schlat
war nur wenig zugegen. Die Speichelabsonderung war stark,
und die rechte Gesichtsseite hatte etwas Starres, Todtes. Im
letzten Jahre sprach sich der Schmerz nicht immer als Neural-
gia nervi facialis, sondern bisweilen auch, doch seltener, als
Neuralgia rami alveolaris nervi trigemini aus. Wie er aber
auch auftrat, er war immer gleich heftig. Im Sommer 1822 be-
nutzte die Kranke das Seebad, wodurch sie sehr gestärkt wurde,
xuch erschien der Schmerz nicht, wenn sie in der offenen See
war. Ausserdem warden die verschiedensten gegen Gesichtsschmerz
empfohlenen Mittel ohne Erfolg gebraucht. Am günstigsten
wirkte der Eisnesafran, worauf die oben. erwähnte 6tägige Ruhe
entstand, und eine von AUTENRIETH empfohlene Auflösung der
salzsauren Schwererde in Aqua lanrocer. mit Laud., bei deren
Gebrauch die Kranke 10 Wochen lang sich recht leidlich be-
fand, die zber später ihre Wirksamkeit verlor. Unter den äus-
seren Mittein mitzten Eisreibungen ‘noch das Meiste. Im Sept.
1823 entschless sich die Kranke zur Abschneidung und gum
Brennen des Facialnerven bei seinem Austritte aus dem Foramen
stylomastoideum ‘wach v. Kırın’s Ratlı, welche Operation W.
Für leichter, schneiler und sicherer hielt, als die von ALLAN
Burs’s vorgeschlagene Ausschneidung eines Stücks des Stammes
des Gesichtsnerven. Bei der Vperation wurde zuerst mit einem
zonvexen Scalpelle am vorderen Rande des Zitzenfortsatzes el:
tiefer Schnitt gemacht, dann aber ein zweiter vom oberen Ende
dieses ersteren, in einem rechten Winkel. mit diesem, fast bis
zum: aufsteigenden Aste der unteren Kinnlade so geführt, dass
die 4rteria temporalis mit verletzt wurde. Der hierdurch ent-
stehende Lappen wurde nun, indem man mit einem geraden
Messer in die Tiefe drang, vom benachbarten Knochen getrennt,
wobei man sich mit dem Messer an der unteren Fläche ‚der
Pyramide des Schläfentheils und dem Zitzenfortsatze hielt, } bis
man mit der Spitze zum Griflelfortsatze gekommen war. Die
plötzlich eintretende Verziehung des Gesichtes, : besonders des
Munies, nach der linken Seite zu, bewies, dass der Facial-
nerv schon durchschnitten war. Um indess- einen Theil vom
Starıme des Nerven zu zerstören und so einer etwaigen schne!l