I, Anatomie und Physiologie. 19%
Als sensible Organe kündigen sich zugleich an die Haare,
gleichsam Verlängerungen der Hautnervenfaden, die Talgbälge,
zur Erhaltung der Weichheit der Haut, die Zähne, als knö-
cherne Gefühls- und Geschmackswärzchen und als- unmittelbare
Sinnesorgane für das absolut Harte, endlich die warzenförmigen
Erhabenheiten und die den Geschmackswärzchen der Zunge ähn-
lichen Zotten in der inneren Oberfläche des Sackes. — Die
krankhaften Fett-,, Haar- und Zahn-Bildungen sind also Pro-
ducte eines sich als sensibles Organ constituirenden Hautgebil-
des, Zwischen den normalen Hautgebilden und diesen Afteror-
ganisationen waltet aber der wichtige Unterschied ob, dass letz-
tere unter der Oberfläche der äusseren und inneren und in dem
Parenchym der Organe sich vorfinden. Sie sind demnach ab-
uorme, überschüssige, nach einwärts geschlagene Anhänge der
Hautgebilde, welche, als Bälge unter ihr liegend, sich als Keime
losgetrennt und für sich entwickelt haben; sie sind unter der
Haut liegende Keime von Hautgebilden, nach innen gewandte,
überzählige Sensibilitätsorgane, welche in sich eine involute Ober-
fläche bilden, wie eine solche evolute nach aussen in der äus-
seren und inneren Bedeckung des Körpers vorkommt. Daher
kommen diese Afterbildungen nur unter der Haut vor, selten
jedoch unter der äusseren Hautbedeckung und unter dem Corium
des Darmkanals, häufiger hingegen, oder in der Regel, unter
der serösen Hautbedeckung, besonders des Ovariums und der
Hoden. Der Grund hiervon liegt wohl darin, dass sich die sen-
sible Bildungsfähigkeit in Bildung der äussern Ilaut und der
Schleimhaut erschöpft und dadurch gleichsam ihren Cyelns ge-
schlossen hat, so dass überschüssige Bildungskraft zur Nervor-
bringung der nach einwärts umgeschlagenen abnormen sen-
siblen Hautgebilde nicht wohl übrig bleiben konnte. Mit der
serösen Haut verhält es sich dagegen anders. Auch sie ist ein
sensibles Hautorgan und eins mit der Haut der Bedeckung der
Oberflächen der nicht in sich geschlossenen, offenen Höhlen des
Körpers, was ihre grosse Empfindlichkeit gegen die äussere
Luft und ihr unmerklicher Uebergang in die Schleimhaut, be-
sonders am Ostium abdominale der Muttertrompeten, unı) in die
äussere Haut und Schleimhaut als Conjunctiva, zeigt. Es liegt
also in ihrem Wesen, sensibles Hautorgan, doch nur in gerin-
gerem Grade, zu seyn, und bei krankhaft gesteigerter Sensibili-
tät kann sie es werden, da die ihr inwohnende sensible Bil-
dungsthätigkeit sich nicht durch normale Erzeugung von sensi-
blen Organen erschöpft hat, sondern zurückgehalten und an der
inneren Oberfläche dieser Haut sich angehäuft findet, so dass
sie bei krankhafter Steigerung der Sensibilität eines Organs sich
leicht entwickeln und zur sensiblen Afterorganisation auswachsen
kann. Warum aber eine Steigerung der Sensibilität des Paren-
chyms unter der äusseren UVeberkleidung der Organe nirgends
häufiger ist, als im sensibleu Parenchym der KEierstöcke und
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