Full text: (Bd. 2 (Jahrg. 1832) = No 9-No 16)

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UL Gynäkologie und Pädiatrik, 
Morgen zeigten sich neue Symptome, nämlich stossweise Be- 
wegungen in den unteren Extremitäten, die elektrischen Schlä- 
zen glichen, mit einem leichten Schauer des ganzen Körpers 
verbunden waren, den Kranken aber aus seiner Betäubung nicht 
erweckten; grosser Durst; völlige Entstellung der Physiognomie; 
überaus jageunder, zitternder Puls; bedeutendes Fieber mit grosser 
Hitze des Kopfes; sparsamer Harn; reichliche, sehr stinkende 
Darmausleerungen. Die Umschläge werden fortgesetzt, dem 
Kalomel Digitalis zugesetzt. Am 3. Tage derselbe Zustand; die 
stossweisen Bewegungen waren auch auf die oberen KExtremitä- 
ten übergegangen, in denen sie stärker und anhaltender, als in 
den unteren, waren. Nachmittags erwachte der Kleine einige 
Male und schien für Augenblicke freies Bewusstseyn zu haben. 
Am 4. Morgen bedeutende Verschlimmerung. Unablässig dauer- 
ten die stossweisen Bewegungen in den oberen Kxtremitäten, 
die übrigens eine normale Beschaffenheit zeigten, fort. Am 
Serotum und an der Steissgegend bilden sich braune, brand- 
ähnliche Flecke von verschiedener Grösse. Der Kleine wim- 
merte; schon seit einigen Tagen war Stimmlosigkeit eingetreten. 
Am Rückgrate keine Veränderung. Das Einnehmen der Pulver 
durch heftigen Husten verhindert. In diesem elenden Zustande 
brachte der Kranke noch einige Zeit hin, bis er am 9. Tage 
der Behandlung an allgemeiner Paralyse starb. Section wurde 
nicht gestattet. Die braunen Flecken am Scrotum und der Steiss- 
gegend waren am Cadaver verschwunden. Epikrise. Merkwürdig 
waren in dem erzählten Falle die stossweisen, mit Schauder 
verbundenen Bewegungen jin den Extremitäten, die braunen, 
brandähnlichen Flecken am Scrotum und in der Steissgegend, 
so wie die Stimmlosigkeit, Erscheinungen, die bei einem ge- 
wöhnlichen Hydrocephalus acutus von Dr. nie beobachtet wor- 
den sind. Wahrscheinlich verdankten sie ihren Ursprung einer 
acuten Myelitis, die sich zum Hydrocephalns gesellt hatte, und 
dem Uebergange derselben in allgemeine Lähmung. Eine be- 
sondere Ursache der Krankheit Hess sich nicht auffinden; ein 
prädisponirendes Moment gab wohl die schnelle Kntwickelung 
des Kindes ab. TIEDEMANN, SERRES, GALL und SpuRzHEIM ha- 
ben schon auf die merkwürdige Metamorphose aufmerksam ge- 
macht, die das Gehirn in den letzten 3 Monaten des ersten 
Lebensjahres erleidet, und HEyFELDER bemerkt sehr richtig, 
dass durch diese Metamorphose bei sehr vollblütigen, robusten 
Kindern mannigfaltige Affectionen entzündlicher und krampfiger 
Art, die man gewöhnlich dem Zahngeschäfte zuschreibt, her- 
vorgerufen werden. Hydrophobische Zufälle, die von Sacus als 
wesentliche Symptome der acuten Myelitis aufgeführt werden, 
konnte Dr. bei seinem Kranken durchaus nicht wahrnehmen. 
| Medic. Conversativonsblatt, Nr. 10, 1832.] (H—1.)
	        
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