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VI. Staatsarzneikunde.
{m ersteren Falle werden die mit ihm im Verkehr Gestandenen
und die Wohnung desinficirt, und hiernach der freie Verkehr
mit Andern sogleich gestattet. Im letztern Falle wird die Woh-
nung oder der Theil, in dem der Kranke liegt, mit denen,
welche ihn nicht verlassen wollen, abgesperrt, bis der Kranke
hergestellt oder gestorben ist, worauf wie im ersteren Falle
verfahren wird. Diese Maassregel lässt sich überall ohne Be-
einträchtigung des Verkehrs durchführen, ja begünstigt sogar
letzteren, indem sie Jedem Sicherheit gewährt... Zwar schützt
sie nicht ganz vor Mittheilung der Krankheit, beschränkt sie
aber doch ungemein und reicht so für die Mehrzahl der Fälle
aus. Noch mehr nachzulassen, würde ein Verbrechen gegen die
Menschheit seyn. — Was die zweite, den Gebrauch der
Dampfbäder betreffende Frage anlangt, so sind die Stimmen
hierüber nicht einig. Es ist nicht zu läugnen, dass diese Bäder,
zur rechten Zeit angewendet, gute Dienste geleistet haben, aber
eben so unbestritten ist es auch, dass sie nachtheilig wirken
können, und dass die Kälte oft nützte, wo jene geschadet haben
würden, ja dass durch die Kälte oft Kranke gerettet wurden,
die ohne Anwendung derselben gewiss verloren gewesen wären.
Es scheint, dass man Wärme und Kälte zu allgemein empfohlen
und zu allgemein verworfen habe. Nach den gegenwärtigeu Er-
fahrungen ist wohl die Wärme im ersten, die Kälte im letzten
Stadium der Krankheit anzuwenden, und durch letztere sind die
Kranken, die in einem asphyktischen, torpiden verzweifelten Zu-
stande liegen, wohl nur allein zu retten. Die Kälte scheint hier
das kräftigste Mittel zu seyn, um den im Innern con-
centrirten Wärmestoff nach aussen zu locken und so
neues Leben in dem schon erstorbenen Hautorgane wieder her-
vorzurufen, was bei noch nicht ganz erloschener Thätigkeit
durch Frictionen und Anwendung der künstlichen Wärme ge-
schehen kann. — Was die dritte Frage anlangt, so erklärt R.,
üass‘er sich an den actenmässigen Ausspruch der wissenschaft-
lichen Deputation für das Medicinalwesen im preussischen Staate:
„Die asiatische Cholera sey eine contagiöse, keine
miasmatische Krankheit“ aus innerer Ueberzengung an-
geschlossen habe. Die Gründe für diese Meinung, welche die
geachtetsten Aerzte und Gelehrten Berlins theilen, beruht auf
folgenden Thatsachen: 1) Die Art der Verbreitung der
Krankheit beweist schon allein ihre contagiöse Na-
tur. Sie hat sich langsam, an Land- und Wasserstrassen haltend,
verbreitet, ohne dabei eine bestimmte Richtung zu nehmen, und ist
nach allen Seiten zu einer mit den Reisen zu Wasser und zu Lande
übereinstimmenden Zeit vorgedrungen; sie hat gewaltige Sprünge
gemacht, ist in der Regel zuerst in Haupt - und Handelsstädten er-
schienen und hat sich erst von da concentrisch in der Umgegend ver-
breitet; sie ist überall als dieselbe Krankheit erschienen; ihre Dauer
und Verbreitung haben sich ziemlich richtig voraushestimmen lassen,