VI. Gynäkologie und Pädiatrik.
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deckt wurde und auf dem Mittelfleische ruhte. Drückte P. auf
dieselbe und suchte er sie nach oben und hinten zu schieben,
zo flossen einige Tropfen Urin ab. Die Scheide war oben ganz
dadurch geschlossen, dass die vordere gegen die hintere Wand
angedrückt war. Indem P. mit dem Finger so weit als möglich
einging, entdeckte er den' Mutterhals, der sehr auffallend er-
weicht, länger als gewöhnlich und so halbkreisförmig gebogen
war, dass der convexe Theil des Bogens nach vörn und oben
sah und mit der vordern Scheidenwand, die von dem ungeheuern
Gewichte der Blase herabgedrückt wurde, in Berührung stand.
Die Exploration durch den sehr verengerten Mastdarm liess die
Geschwulst in der Höhlung des Kreuzbeines entdecken. Zuerst
entleerte P. die Blase von einer ungeheuern Menge eines sehr
gesättigten, übelriechenden Urines, worauf augenblicklich grosse
Erleichterung, so wie Zusammensinken und Verringerung der Em-
pfindlichkeit des Unterleibes folgten. Hierauf liess er die Kranke
die Steinschnittlage annehmen, brachte 2 Finger der einen Hand
in die Scheide, 2 Finger der andern in den Mastdarm und
suchte durch passenden Druck den Uterus zurückzubringen, je-
doch vergebens. Die Kranke musste sich nun auf die Kniee und
die Ellenbogen stützen, worauf P. die ganze rechte Hand
mit Vorsicht in den Mastdarm einschob. Sogleich gingen stin-
kende Winde ab, deren Abgang der Kranken sehr erwünscht
war und Erleichterung verschaffte. Jetzt vermochte P. die ganze
Geschwulst (den Uterus) zu umfassen und in die Höhe zu schie-
ben. Er konnte die grosse Erschlaffung der breiten Mutterbän-
der fühlen. Das stark hervorspringende Promontorium wider-
setzte sich den Bemühungen P.’s, den Uterus ganz in die Höhe
zu bringen; er sah sich daher genöthigt, den Uterus etwas um
dessen Axe zu drehen und den Grund nach rechts zu drücken,
nach Carvrox’s Vorschrift, was ihm auch bei der grossen
Schlaffheit der Mutterbänder leicht wurde. Der auf diese Weise
zurückgebrachte Uterus wollte jedoch seine regelmässige Lage
nicht behalten, sondern lehnte sich vorn an die Schambeine.
Nach der Reposition hörten alle Schmerzen sogleich auf. Kin
passendes Klystier befreiete den Mastdarm von sehr trockenem
Kothe. Die Kranke musste auf einer Seite liegen und die grösste
Ruhe beobachten; dennoch stellten sich gegen Abend wieder
leichte Schmerzen im Hypogastrium ein, die während der Nacht
heftiger wurden, und kein Urin ging ab. Gegen Morgen war
der frühere Zustand fast ganz wieder da; der Leib aufgetrie-
ben, die Blase voll, gespannt, heftige Schmerzen, reiroversio
uteri. P. entleerte zuerst wieder die Blase und liess nun, was
er Tags zuvor zu thun verabsäumt hatte, den Katheter liegen;
dann machte er die Reposition auf dieselbe Weise, die beschrie-
ben worden ist. Die Vorsichtsmaasregel, den Katheter liegen zu
lassen und dadurch den Druck der angefüllten Blase fortwäh-
trend unmöglich zu machen, bewährte sich. Nach 5 Tagen konnte