Il. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 411
gebildet zu haben, wenigstens sind die zuerst Erkrankten noto-
risch nicht in inficirten Orten gewesen, Ob sich der Keim zu
der Krankheit durch Schiffe, die aus Gegenden, wo die Seuche
war, nach Hamburg kamen, oder ob sich dieser Keim längs der
Elbe verbreitete, lässt sich wohl nicht genau bestimmen. Nicht
unwahrscheinlich ist es indess, dass Menschen, die aus inficirten
Gegenden kommen und an den gelindern Graden der Krankheit,
besonders an Diarrhoea cholerica leiden, die heftigere paralyti-
sche Form bei dazu Disponirten hervorrufen können, und dass
daher anscheinend Gesunde oder an leichten Beschwerden Lei-
dende bei besonders empfänglichen und zerrütteten Individuen
die böse Form der Krankheit zu erzengen vermögen, wenn sie
mit solchen in gewisse Verbindung kommen, was man häufig
auch bei andern epidemisch-contagiösen’ Krankheiten sieht. Be-
merkenswerth war es in Hamburg, dass sich die Cholera mehr
an der Elbe, als an der ein Viel unreineres Wasser enthalten-
den Alster behauptete. — Gleichzeitig herrschten in Hamburg
die Blattern und ein bösartiges Scharlachfieber , auf welche die
Cholera keinen Einfluss zu haben schien. Dies Zusammentref-
fen von Blattern und Scharlach mit Cholera ist höchst interes-
sant, da es lehrt, dass Krankheiten mit excessiver Thätigkeit
der Haut und eine Krankheit mit fast förmlicher Paralyse der-
selben neben einander ihr Bestehen haben und ihren Gang ge-
hen können. — In der Nähe der Spitäler erkrankten verhält-
nissmässig viele Arbeiter, und in denselben viele Wärter theils
leicht, theils schwer, Ueberhaupt wurden Viele von allerlei Be-
schwerden des Unterleibes, Schwindel und Kopfschmerzen heim-
gesucht. Kin häufiges Sterben unter dem Federviehe soll eine
längere Zeit vor dem Ausbruche der Seuche bemerkt worden
seyn. — Was die Behandlung betrifft, so scheinen die ven der
bösartigen, paralytischen Form zuerst Befallenen sämmtlich ge-
storben zu seyn. — Später leisteten Aderlässe, Brechmittel,
Kalomel u. 8. w. gute Dienste; man sah auch Kranke bei der
verschiedenartigsten Behandlung genesen. Im Allgemeinen hat
die Seuche in Hamburg nicht die Verheerungen angerichtet, die
sie in andern eben so volkreichen Städten machte. — Zwei ange-
hängte Krankengeschichten mit den Sectionsberichten, die nichts
Wesentliches enthalten, glaubt Ref. übergehen Zu dürfen. [Salzb.
medic. chir. Zeit., 1832, Nr. 5 und 6.] (K— ee.)
360. Ueber Behandlung der Cholera morbus;
eingesandt aus Moskau yom Dr. .....NN. Betrachtet man die
wesentlichen Symptome der Cholera und leitet man eins von
dem andern her, so kann man sich der Idee nicht entschlagen,
dass das Herz, wahrscheinlich durch ein Miasma, primär
afficirt werde, wofür auch sogar die Todesart in dieser Krank-
heit spricht. — Das Wesen der Cholera besteht in einer De-
bilitas vitalis cordie, die oft bis zur Paresis und in der 8. £.
Cholera acutissima bis zur wahren Paralysis gesteigert ist: da-