IL. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik, 409
gar so schnell, so eilig und so gewaltsam; wie Einige rathen,
handeln müsse. Um einen Cholerakranken zu retten, ist gerade
nicht nöthig, viel zu thun — aber das Rechte muss geschehen,
und der Kranke selbst muss den passenden Zeitpunkt nicht über-
sehen haben, um Hülfe zu begehren. — Auch zeigte es sich,
dass durch Selbstbehandlung viel Unheil jeder Zeit geschieht,
vorzüglich wenn die Leute es übertreiben. Besonders schädlich
muss die voreilige, reizende Behandlung, das starke Reiben mit
Spirituosis, das thätige Krwärmen, der Gebrauch des Kamphers,
der aromatischen Theegetränke, und besonders der des Opiums
seyn, indem dadurch nach dem Erwachen des Kreislaufes ge-
waltige und gefährliche Congestionen in den wichtigsten Organen
entstehen. — KEndlich hat man auch fälschlich geglaubt, dass
die Cholera ungeheuer viele Menschen befalle. In Wien ist
nicht einmal der siebenzigste Mensch erkrankt, und unter 200
Menschen kaum Einer an dieser Krankheit gestorben. Freilich
kommt in Bezug auf Mortalität viel auf die Lebensweise und
auf die medieinische Bildung des Volkes an, die in Wien gut ist.
Im Allgemeinen kann man wohl sagen, dass die Cholera nicht
so verderblich und furchtbar ist, als sie früher ausgegeben
wurde. Die Völker werden, wo sie’ ausbricht, ruhiger, als sie
waren, da die Seuche ihnen aus der Ferne drohte. Das Uebel
selbst ist weniger übel, als die Furcht vor ihm. Schlimmer
aber, als Alles, sind die politischen Maassregeln, durch die man
die Krankheit aufzuhalten und zu ersticken meint. Man geht
mit Spiess und Stangen aus, um einen — Geist zu fangen! —
In den Schriften über die Cholera ist, wie v. V. glaubt, das
Meiste Irrthum und Uebertreibung, und die Welt verlöre nach
ihm nicht viel, wenn der Kalif Omar über die Cholerabibliotheken
käme. — [Salzb. med. chir. Zeit., 1832, No. 4% und 8.]
K-—e.
859. Ueber die Cholera. Aus . Zehsliben des
Dr. v. d. Busch zu Bremen an Dr. EHRHART EpıL. v. EHRHART-
arkıIN in Salzburg. v. d. BuscH setzte sich, als die Cholera
seinem Wohnorte näher kam, mit Anprzag in Magdeburg,
Sanorwann in Hamburg und Rusr in Harburg in Briefwechsel
und erhielt von denselben mehrere wichtige Nachrichten, auf die
er hier Rücksicht nimmt. Was die Cholera in Magdeburg an-
langt, so lässt es sich schwer nachweisen, dass das Uebel ein-
geschleppt worden sey. Der nächste ergriffene Ort war 10—11
Meilen entfernt, und die Krankheit brach an ganz entgegenge-
setzten Theilen der Stadt zu gleicher Zeit bei Personen aus,
die notorisch keinen directen Verkehr mit inficirten Gegenden
und mit Kranken gehabt hatten. In den mit Reiwenden aus Berlin
angefüllten Contumazanstalten zeigte sich keine Spur der Krank-
heit. Man muss sonach annehmen, dass sich die Krankheit
spontan entwickeln könne, wogegen aber auf der andern Seite
mzweideutige Beweise vorliegen, dass sich dieselbe auch durch