[J. Chirurgie und Augenheilkunde, 367
324. Bruch des Oberarmes unmittelbar über
dem Ellenbogengelenke; vom Stabsarzte Dr. TRvsen in
Posen. Kin 10jähriger Knabe wurde, beide Hände wehrlos auf
dem Rücken übereinander geschlungen, ‚auf die linke Seite ge-
worfen und fiel, noch ehe er die Arme entwickeln konnte, mit
dem linken Ellenbogen auf die Erde und brach sich den Knor-
ren des linken Oberarmes so dicht über dem Gelenke quer ab,
dass das untere Bruchfragment nur einen Zoll lang und nur mit
dem Ellenbogengelenke zu bewegen war. Das obere Bruchfragment
war nach oben gewichen, hatte die tendinösen und ligamentö-
sen Gebilde des Gelenkes zerrissen und war mit scharfem Rande
auf der vordern Fläche des Gelenks so dicht unter der Haut
Fühlbar,” dass die geringste unvorsichtige Bewegung diese
zerrissen haben würde uud dann das Ellenbogengelenk offen
gewesen wäre, Das einer Crepitation ähnliche Geräusch, unge-
achtet die Bruchenden sich nicht berührten, und die Integrität
der übrigen nahen Knochen setzten diese seltene Fractur, die
bei starker Geschwulst leicht mit Luxation des Ellenbogenge-
lenkes zu verwechseln war, ausser Zweifel. Die Condyli und
das Olecranon waren unverletzt und Pro- und Supination olıne
Crepitation ausführbar. Hinter dem Ellenbogengelenke war
oberhalb des Olecranons durch die gegen einander nach vorn
verschobene Stellung der Bruchenden eine eigene Vertiefung,
wie sonst bei Luxation der Unterarmknochen nach hinten durch
das Austreten des Olecranon gebildet wird, wahrnehmbar. —
Bei Gefahr einer Compression der Nerven und der Gefässe
durch das obere Bruchstück wurde sogleich die Reposition un-
ter vielen Schmerzen versucht, gelang aber durchaus nicht we-
gen Kinklemmung der zerrissenen Vagina cubiti oder anderer
tendinöser Theile. Man legte daher eine Binde leicht um,
schlug Kis über und gab Nitr. mit Extr. hyosc. Am nächsten
Tage zeigte sich in der Beuge bedentende Sugillation, auch er-
schienen Brandblasen. Man musste eine verheerende Kiterung
des Gelenks und Amputation des Oberarmes fürchten. Der gün-
stigste Ausgang schien völlige Steifheit des Gelenkes. Die Re-
position wurde wieder versucht, konnte aber ohne die grösste
Furcht einer Zerreissung der Weichtheile nicht erlangt werden.
Am dritten Tage fanden sich grosse Schmerzen ein, und die Ge-
schwulst und Spannung in der Beuge war vermehrt. Man setzte
an diesem und an den 2 nächsten Tagen Blutegel, ohne dass
die Anschwellung sehr abnahm. Der Knabe fieberte. Fehlte
das Eis, so stieg der Schmerz ungemein. Aeusserlich wurden
Ungt. Neop., Ol. hyose, coct. und Tinct, opä simpl. einzerieben.
Am fünften Tage wurde abermals, doch vergebens, die Repo-
sition versucht, und so blieb es bis zum neunten Tage, wo noch
ein entscheidender Versuch uuternommen wurde, da Geschwulst
und Spannung doch etwas nachgelassen hatten. Endlich gelang
unter grösster Anstrengung dieselbe, wenn auch nur partiell, ur-