868 H. Chirurgie und Augenheilkunde.
deren beiden, dem transversellen Bruche gegenüber liegenden
Winkeln zwei Spaltbrüche, einer von 2 Zoll längs des innern,
and der andere von 1 Zoll längs des äussern Randes des Kno-
chens, bis in.die Röhre des Knochens ausliefen. Von dem
obern Bruchfragmente war ein 3 Zoll langes Knochenstück ab-
getrennt, und an diesem waren wiederum einige Splitter zu se-
hen. In der Umgebung dieser Knochenverletzung war das Pe-
riosteum durch brandige Zerstörung fast wie aufgelöst und hielt
kanım noch die Knochensplitter zusammen ; an der vordern und
äussern Fläche des Oberschenkels, gegen 3 Zoll von der trans-
versellen Bruchstelle aufwärts, fehlte es ganz. Die Markhöhle
des Knochens war wie ausgebrannt, die Knochenenden aber
weder schwarz, noch cariös, und zwischen den sehr zerstörten
Muskeln des Oberschenkels waren weite Höhlen von brandiger
Jauche erfüllt, die sich vom Bauchringe bis an das Kniegelenk
erstreckten. — Aus diesem Befunde der Bruchstelle geht deut-
lich hervor, dass bei der schwankenden Diagnose dieses Falles
die Rettung des Kranken unmöglich war, und dass nur bei voll-
kommener Erkenntniss desselben von schleuniger Amputation
oberhalb der Gränze der Splitterung, ‘oder von Exarticulation
des Oberschenkels vor der Blutung etwas zu hoffen gewesen
wäre. Zu einem operativen Eingriffe der Art aber wird sich
wohl Niemand ohne die genaueste Erkenntniss des Uebels ent-
schliessen. Wie aber demnach von einem solchen Eingriffe un-
mittelbar nach der Verletzung die Rede nicht seyn konnte, so
war derselbe auch nach der obenerwähnten Blutung durchaus
nicht vorzunehmen, da ja eine der ersten und wesentlichsten
Bedingnngen des Gelingens einer Amputation die noch beste-
hende Integrität des Organismus ist. Wo Zufälle, wie die oben
erzählten, sich finden, wäre die Amputation ein zweckloses
Wagestück gewesen, und ein so vielfach gekränktes Allgemein-
leiden, wie hier sich aussprach, lässt sich durch mechanisches
Eingreifen nicht mehr ausgleichen. — Ueber die so häufige
Verschiebung der reponirt geglaubten Bruchstücke gab die ei-
genartige Beschaffenheit der Bruchstelle und die Zerreissung
des Periosteums volle Auskunft, und in letzterer ist wohl auch
ein wesentlicher Grund der Ueberhandnahme der Anschwellung
und Verjauchung des Schenkels zu suchen. Die andauernde,
ausserordentliche Spannung und Schmerzhaftigkeit der Bruch-
stelle, die immer sich wieder erneuernde Difformität derselben,
die bald entstandene, immer zunehmende phlegmonöse, perga-
mentartig glänzende Anschwellung und die folgende, so rasch
fortschreitende Verjanchung des Oberschenkels veranlassten übri-
gens die Vermuthung, dass hier ein ungewöhnlicher, complieir-
ter Bruch, ja vielleicht eine Fissur des Knochens, wie sich spä-
ter wirklich fand, vorhanden seyn möchte. [v. Gräfes und v.
Walther’s Journ. für Chirnrg. nn. Augenheilk., XVIL RBds 1.
Hft., SS. 120—-134 7 ;K—e.}
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