I. Chirurgie.und Augenheilkunde, 865
ten, von einer Seite contraindicirten Umschläge als Stiptic. bei-
zubehalten. Das Fieber stieg; die Unterextremität des leiden-
den Schenkels wurde von Phlegmone ergriffen; bei einer noth-
wendigen Erneuerung des Verbandes floss sehr viel blutige
Jauche mit grossen, geronnenen Blutklumpen aus, ohne dass
eine neue Blutung eintrat, und der Zeigefinger entdeckte, wie
früher, bedeutende Verschiebung der fracturirten Knochenen-
den. Ausleerung der Jauche und Entfernung des Druckverban-
des minderten das Fieber nicht, sondern dasselbe stieg; der.
Kranke fing an, über Eingenommenheit des Kopfs und Conge-
stionen nach der Brust zu klagen, und am dritten Tage nach
der ersten Blutung trat eine zweite arterielle Blutung von we-
nigstens 10 Unzen ein, gegen die sich eine saturirte Chlorlösung
als Stipticum sehr nützlich bewies. Eine gleiche, doch gerin-
gere Blutung trat auch am nächsten Tage ein. Das Oedem am
marmorkalten Unterschenkel nahm zu, der Kranke lag in gröss-
ter Erschöpfung da, und beim Verbande folgte eine Ohnmacht
der andern, besonders da der Gestank fürchterlich war. Da die
Anschwellung des Oberschenkels die grösste Höhe erreicht
hatte, rieb man OZ. oliv. mit Tinct. opiü ein und machte warme
Fomentationen. Doch stieg das Uebel unaufhaltsam, Fieber und
Delirien wurden immer heftiger, man gab Chin. sulph. mit
Opium und Inf. valer. mit Ammon. carbon., ohne den Krank-
heitszustand zu bessern. Endlich verfiel der Kranke in heftigen
Schweiss und Sopor und verschied am 10. Tage nach der er-
sten Blutung, oder am 15. Tage nach dem ‘der Verletzung. Bei
der Section war in der Bauchhöhle das Netz fast spurlos ver-
schwunden; die Windungen der Därme waren hin und wieder
mit einander verwachsen; alle ‚im linken Hypochondrium gelege-
nen Eingeweide erschienen missfarbig, schwärzlich gelb, und die
ganze Gegend fand sich mit brandiger Jauche angefüllt, Die
übrigen Eingeweide zeigten keine besondere Veränderung. Am
Oberschenkel bemerkte man zwischen den Muskeln und Ge-
Fässen unter dem Ligam. Poupart, eine deutliche Communica-
tion. der in der Bauchhöhle enthaltenen Menge Januche mit der
des Schenkels. Die Art. crural. war mit arteriellem Coagulum
angefüllt, ‚die übrigen Gefässe aber blutleer. So weit die bran-
dige Zerstörung die Untersuchung zuliess, zeigte sich nichts
Normwidriges an ihnen. Der Nervus ecrural. war bis in die
Gegend der Bruchstelle‘ vom Brande ergriffen, und fast die
sämmilichen tiefer gelegenen Muskeln des Oberschenkels fan-
den sich ebenfalls brandig. Der Oberschenkelknochen
selbst war da, wo die Arter. crural. unter die Sehne des Vo-
stus intern. tritt, so gebrochen und zersplittert, dass eine Fra-
efura transversa durch die beiden ersten Dritttheile des Kno-
chens Statt fand; das letzte Dritttheil bildete eine fast :14}4 Zoll
lange, zackige Spitze, deren Basis die hintere Fläche des Kno-
chens einnahın, in eine 4 Zoll breite Spitze endigte, und aus