336 I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
nie einen Kothgeruch wahr. Die Bauchhöhle war meist trocken,
nur einige Male enthielt sie etwas weniges Serum, und Bauch-
fell und Eingeweide fühlten sich dann klebrig an. Das Bauch-
fell erschien der Trockenheit wegen oft leicht gerunzelt und
durchsichtig, immer aber war es stark geröthet. Der Speise-
kanal bot am obern Theile nichts Abweichendes, als eine
starke Röthung der innern Haut, die Weite war die gewöhnli-
che, das untere Ende aber ein paar Mal zusammengezogen.
Der in der Bauchhöhle gelegene Theil zeigte sich, wenigstens
im obern Theile, immer so gleichmässig roth, als wenn er ent-
zündet wäre, die Röthe war aber mehr bläulichroth und hier
und da durch dunkelblaue, unregelmässige Flecke unterbrochen;
der dicke Darm war der wenigen Gefässe wegen minder ge-
färbt. Diese Röthe des Magens und Dünndarms rührte von
starker und allgemeiner Anfüllung aller venösen und arteriellen
Blutgefässe her und sprach deutlich für krankhafte Reizung die-
ser Theile. Wären Auflockerung, kleine Blutaustretungen in’s
Zellgewebe, Verstopfung der Gefässe mit hochrothen Blutkü-
gelchen, Auflösung derselben im Blutwasser und Ausscheidung
von plastischer Lymphe zugegen gewesen, so hätte man diesen
Zustand Entzündung nennen können, doch. fehlten alle diese
Zeichen. Der Magen war häufig ausgedehnt, zuweilen leer
und ganz oder nur: in der Mitte zusammengezogen und stark
Faltig. Der Pförtner war oft verengt und ungemein geröthet.
Der Dünndarm war gewöhnlich von nicht riechendem Gase
und der bekannten weisslichen Flüssigkeit, welche Secret des
Dünndarms war, mässig, einige Male aber auch stark ausge-
dehnt. . Der Dickdarm erschien im Verhältnisse zum dünnen
Darme immer auffallend verengert, und zwar am meisten der
Mastdarm, dessen eigene Muskelhaut deshalb nicht bloss sehr
dick und derb war, sondern dessen Schliessmuskeln immer halb
Oder ganz zusammengezagen und wie Skeletmuskeln von Anse-
hen und Beschaffenheit waren. Die Grimmdarmklappe war
bald weit und schlaff,;bald verengert und derber. Der wurm-
förmige Anhang enthielt meist etwas dicklichen Schleim
und zeigte, wie der ganze Darmkanal, die Drüsen sehr entwi-
ekelt. Leber, Milz und Bauchspeicheldrüse boten, äl-
tere pathologische Zustände abgerechnet, nur eine mässige Ue-
berfüllung mit Blut, das sich gleichsam von den äussern nach
den innern Theilen zurückgezogen hatte, und eine mit dieser
Blutfülle zusammenhängende Färbung und Ausdehnung dar. Die
Gallenabsonderung war stets vermehrt, so dass nicht nur
die Gallenblase von dünner, hellrothbrauner Galle strotzte, son-
dern. auch aus den zerschnittenen Gallengefässen der Leber
reichlich Galle hervorfloss, und die oft ausgedehnten Gallengänge
dieselbe stets enthielten. Eine krampfhafte Zusammenziehung
and Verschliessung des gemeinschaftlichen Gallenganges wurde
nie bemerkt, und man fand in mehrern Fällen Spuren von Gal-