III. Materia medica und Toxikologie. 295
war, die Krankheit also entweder mehr unter katarrhalischer,
zubinflammatorischer oder krampfhafter Form verlief. Kinen
grossen Unterschied in dieser Form machte die Constitution
des Kranken. Bei phlegmatischen Kindern gestaltete sich das
Uebel mehr als katarrhalische Form, bei vollblütigen, sanguini-
schen und cholerischen mehr als subinflammatorische, und bei
sensibeln, schwächlichen war die krampfhafte Form die hervor-
stechende. Auch das Alter und die Witterungs- und allgemeine
Krankheitsconstitution übten ‚einen Einfluss auf den individuel-
ien Charakter der Krankheit... Obgleich es nicht zu verkennen
war, dass der Keuchhusten Anfangs mehr als katarrhalisches
oder subinflammatorisches, später aber mehr als krampfhaftes
Leiden des Bronchialsystems auftrat, so lag es doch eben so
klar zu. Tage, dass ein krampfhafter Zustand im Keuchhusten
die Hauptrolle spielt, und man möchte daher annehmen, dass
das Wesen. desselben in einem krampfhaften Zustande
des Bronchialsystems und nicht unwahrscheinlich des
Zwerchfellnerven besteht. Verhältnisse mannigfacher Art
modificiren leicht das Wesen des Uebels so, dass es hier un-
ter dieser, dort unter jener der erwähnten Formen auftritt. —
Wenn nun krampfstillende Mittel die vorzüglichsten sind, da
die nächste Ursache der Krankheit in Krampf besteht, so wer-
den doch meist, ehe diese in Anwendnng kommen können, an-
dere Mittel zız benutzen seyn, welche der Form und dem Cha-
rakter des Keuchhustens. entsprechen. Reine krampfstillende
Mittel sind erst dann anzuwenden, wenn sich das Uebel in sei-
ner eigenthümlichen Form, in seiner rein krampfhaften Natur
darstellt. ’"Trat daher der Keuchhusten mehr als katarrhalisches
Leiden auf, so kam man, neben Abhaltung äusserer Schädlich-
keiten, mit schleimigen und gelind auflösenden Mitteln aus; wa-
ren mehr subinflammatorische oder rein entzündliche Symptome
zugegen, so leistete Kalomel die besten Dienste, bei heftigen
Zufällen dieser Art aber wurden mit sichtbarer Erleichterung
Blutegel benutzt. Verloren sich die entzündlichen Zufälle,
blieb ‘aber der Husen trocken, so wurde das Kalomel mit dem
Sulph. antim. aurat. verbunden. Neigte sich die Krankheit zum
nervösen Stadium,. 80 brachte ein /rf. rad. seneg. meist mit
Sulph. antim. aur. die grösste Linderung; zeigte sich aber der
Keuchhusten als rein krampfhaftes Leiden des Bronchialsy-
stems, so leistete Belladonna schnellere und heilsamere Hülfe,
als alle andern Antispasmodica. Fast nie wurde die Belladonna
über } Gr. pro dosi, meist nur zu y—+4 Gr. gegeben, und
diese Gaben schienen hinreichend, um mehr die rein krampf-
stillende Eigenschaft, als die narkotische Eigenschaft derselben
auftreten zu lassen. Bei vorwaltender Schleimabsonderung, und
wo der Schleim nur mühsam ausgeworfen wurde, brachte die
Bellad. mit einem Inf. senegae, wohl auch mit Sulph. antim.
axr. und bisweilen mit beiden wesentlichen Nutzen. Aeussere