282 1. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
nur mühsam konnte sich der Kranke bewegen und durchaus
keinen articulirten Ton hervorbringen, sondern bloss ein unver-
Mändliches Murmeln von sich geben, Das Bewusstseyn war
mgestört und frei, das Gehör gut, der Kopf eingenommen, die
Stirn schmerzend, die schwer bewegliche Zunge rein und
Feucht; in der Magengegend fand sich schon einige Tage ein
Druck; der Unterleib fühlte sich weich anz Stuhl und Urin wa-
ren schon regelmässig abgegangen; die Brust war bis auf leich-
ten, schon früher zugegen gewesenen Husten frei, der Puls
voll und langsam, das Gemüth traurig, der Kranke sehr
müde und erschlafft; die Augen erschienen matt; Appetit
fehie. Ein fieberhafter Zustand war durchaus nicht zugegen,
und das Uebel war plötzlich und ohne alle Ahnung eingetreten.
Was die Aetiologie. anlangte, so sprach neben andern Zeichen
der Ban des Körpers und das Alter für Anlage zu Hämorrhoi-
den, wiewohl Blut durch den After noch nicht abgegangen war.
Ueberdies hatten schon längere Zeit deprimirende Affecte auf
den Kranken eingewirkt; er war ein Branntweintrinker und hatte
einen ähnlichen, doch weit geringerm Anfall schon vor 22 Jah-
ren überstanden. Dies Alles und die Zeichen des Uebels mach-
ten es mehr als wahrscheinlich, dass der jetzt vorliegende Zu-
fall in Hämorrhoidalleiden im Allgemeinen und in’ einer Hämor-
rhoidalblntcongestion im Besondern begründet sey, welche letz-
tere im Stande war, die Function der den Sprachorganen und
der Zunge angehörenden Nerven zu unterdrücken und dadurch
Sprachlosigkeit zu bewirken. Die Blutcongestion schien ober-
halb der Magengegend zugegen zu seyn, und der durch diese
einem Druck ausgesetzte und in seiner Thätigkeit gestörte Plexus
solaris die nächste Veranlassung der Sprachlosigkeit zu
geben, indem durch die Verbindungen des Nerv. sympath,
maxim. mit dem Zungenfleischnerven und mit den übrigen Ner-
ven der Sprachorgane diese in Gemeinsehaft des Uebels gezo-
gen wurden, wodurch jenes Leiden entstand, Der Kopfschmerz
war jedenfalls nur consensuel aufgetreten. Dieser Ansicht ge-
mäss wurden nun Mittel in Anwendung gebracht, welche durch
ihre, im Allgemeinen relaxirende, Wirkung die Stockung des
Blutes in den Unterleibsgefässen heben und eine freie Blutzir-
euletion bewirken konnten. Der Kranke erhielt eine‘ Lösung
des Natr. sulph. crystatl, mit Pulpa tamarind. Am Arme
wurde ein Vesicator gelegt, und Fussbäder, küllende Diät
und kühles Verhalten angeordnet. Schon am nächsten Tage
konnte die Zunge leichter bewegt werden; die Sprache fing an
wiederzukommen ; der Schmerz oberhalb der Magengegend
war geringer, der Kopfschmerz eher stärker, der Puls weniger
voll md langsam, doch freier. Die Nacht war sehlaflos, doch
ruhig zugebracht worden; einige schleimige Stühle waren zuge-
gen gewesen. Der nicht geringe Urin sah dunkelroth, die Mat-
tizkeit war gross, und der Appetit fehlte noch ganz. Um Bele-