[I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 281
Personen. Wenn bei dem Fieber, das‘ den Ausbruch der Pu-
steln begleitet, die Kranken reichlich schwitzen, so sind die
Pusteln fast immer einzeln und getrennt, und umgekehrt. Wenn
eine Intermittens oder eine andere Krankheit, die sich durch
Schweiss entscheidet, dem Ausbruche der Pocken vorhergelht,
so sind diese gutartig, einzeln; ‚dagegen werden sie bös-
artig und fliessen zusammen, wenn innere Entzündungen und
solche Uebel, durch welche die Hautthätigkeit gestört wird, vor
dem Ausbruche vorhanden waren. Personen, die sich viel ba-
den, bekommen seltener zusammenfliessende Pocken, die daher
auch nicht häufig bei den Türken und Persern angetroffen wer-
den. Auch Kleider haben einen Einfluss auf die Pocken. Franen,
die gewöhnlich ihren Hals bloss tragen und den Unterleib nicht
sehr warm bekleiden, bekommen an diesen 'Theilen mehr Pu-
stein, als Mäuner. Man hat lange Zeit die Pocken als eine
Krankheit betrachtet, die ganz gegen die Regeln, die man bei
andern Krankheiten wahrnimmt, verliefe; allein dem ist nicht
so. Sie haben eine grosse Analogie mit dem Erysipelas, den
Rötheln, dem Scharlach, den Flechten, den Hals-, Brust- und
Darmentzündungen. Alle diese Krankheiten sind, wie die Po-
cken, von der Feuchtigkeit der Luft und der Feuchtigkeit und
Weichheit der einzelnen Körperstellen abhängig (?). "Trocken-
heit schadet ihnen insgesammt, Feuchtigkeit nützt ihnen. So
wie sich Pocken zeigen, zeigen sich auch Masern, Scharlach,
Erysipelas, Grosse Verwandtschaft hat das KErysipelas mit den
Pocken; wie diese kommt es am häufigsten im Gesichte vor
(80 Mal in 100 Fällen). Blattern und die genannten Exantheme
sind denselben Einflüssen unterworfen, und die Blattern sind
nichts anders, als die heftigste Entzündung der Haut. (!) [Ga-
zette medicale de Paris, Tom, III. Nr. 6.] (H—1.)
241. Canterisation der Pockenpusteln im Auge;
von Bovrsor Samr-HiLarme. Bei Pockenkranken soll man täg-
lich genau nicht allein die Augenlider, sondern auch die ganze
Oberfläche des Augapfels untersuchen. Zeigen sich Pusteln an
dem freien Rande der Lider, so müssen sie mit einer Auflösung
des Argenti nitrici cauterisirt werden. KErheben sich Pusteln
auf der Conjunctiva, so schneide man mit einer gekrümmten
Schere die Spitzen derselben ab und bringe auf die Wandfläche
vermittelst eines Charpiepinsels ebenfalls eine Auflösung des
genannten Mittels. Diese Behandlung nennt B. Saint - HiLAIRE
die Methode ectroptique. [Gazette medicale de Paris, Tom. II.
Nr. 6.] (H—1.)
242. Behandlung und Heilung einer plötzlich
eingetretenen Sprachlosigkeit; vom Amtsphysikus
Dr. Karser in Geisa. Im Jahre 1828 wurde K. zu einem Wirthe
von 58 Jahren, der kurzer, stämmiger Statur, kräftiger Con-
stitution, sanguinisch - cholerischen Temperaments war und den
Habitus apoplecticus darbot, ‚gerufen. Er fand ihn im Bette,