IL Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 263
dann ist die Möglichkeit der Entwickelung eines Contagiums
doch nicht ganz in Abrede zu stellen.: Sperrungen helfen also
nichts! [Salzb. med.-chir. Zeitung, 1881, Nr. 92.] (K—e.)
221. Ist die asiatische Cholera ansteckend?
Vom Protomedikus Dr. EoLEn v. Vest zu Grätz. v.V. hat die
Ueberzeugung, dass die Cholera nicht, niemals und unter
keinen Umstämden contagiös ist, und er glaubt diese
Behauptung am besten durch Widerlegung derjenigen Data zu
rechtfertigen, welche man zum Beweise, dass sie ansteckend
sey, aufgestellt hat. Am meisten halten die Contagionisten sich
an folgende 6. Data: 1) Viele, mit Cholerakranken in Berüh-
rung Gekommene wurden von der Cholera ergriffen; wo dies
nicht geschah, fehlte die Disposition dazu, die zu jeder Anste-
ckung erfordert wird; eine beschränkte Ansteckungsfähigkeit
übrigens, wie bei der Cholera, findet man auch beim Typhus, doch
zollen an ersterer auch ganze Familien schnell ausgestorben seyn.
2) Früher gesunde Ortschaften wurden von der Seuche ergrif-
fen, als ein dahin gekommener Fremder an der Cholera er-
krankte, besonders aber geschah dies, wenn jener daran starb,
Ja bisweilen reichte es zur Verpflanzung der Krankheit an ei-
nen gesunden Ort oder in ein Haus schon hin, dass man Klei-
der von einem Cholerakranken dahin brachte. 3) Einzelne
Orte haben sich sorgfältig von der cholerakranken Umgebung
abgesperrt und sich den guten Gesundheitszustand erhalten. 4)
Durch Absperrung erkrankter Orte hat man in denselben nicht
nur: die Krankheit erstickt, sondern auch die Weiterverbreitung
verhütet. 5) Die meisten Cordons haben das Uebel bedeutend,
einige lange von angränzenden Ländern. abgehalten; und 6) die
Krankheit schreitet vorwärts von kranken in gesunde Bezirke,
was nur durch Uebertragung zu erklären ist. — Gegen die
eben erwähnten Angaben lässt sich jedoch sehr viel einwenden,
was eben nicht für Contagiosität der Cholera spricht. Was den
ersten Beweis anlangt; dass die Berührung eines Cholerakran-
ken oder einer Choleraleiche, ja sogar die Nähe eines solchen
Kranken Viele angesteckt habe, so kann man der Zahl der Fälle,
wo diess geschehen seyn soll, wohl eine grössere, wo es nicht
geschah, entgegensetzen, und gerade das Ausheben der erstern
macht unstreitig die Sache besonders verdächtig. Die meisten
Aerzte, Krankenwärter und Pflegenden blieben nach tausendma-
liger Berührung der Kranken gesund; Nur: wenige Todtenfüh-
rer und Todtengräber sind erkrankt, und man hat Sectionen zu
Hunderten ungestraft unternommen, ja dabei sich sogar, und
ohne Nachtheil; verletzt.‘ Man hat das Erbrochene und Ent-
leerte gekostet, den Mund auf den des Todten gelegt,
um. die Ausdünstun- in sich aufzunehmen und ist — ge-
sund geblieben. Mit leichter Mühe kann man: Erkrankungs-
fälle viel ungezwungener dadurch erklären, dass sich zur
Zeit der KEpidemie: in derselben Gegend alle Menschen in