Full text: (Bd. 1 (Jahrg. 1832) = No 1-No 8)

II. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. ‘ 259 
II. PATHOLOGIE, THERAPIE und MEDICINISCHE KLINIK. 
220. Ueber die Cholera in Wien. Vom Prof. Dr. 
Knouz daselbst. Schon im Spätherbste und Winter 1830, be- 
sonders im Frühjahre 1831, kamen neben einer Art von In- 
fAuenza in Wien viele hartnäckige, leicht Rückfälle bildende 
Wechselfieber vor. Im Juli und August traten an die Stelle 
derselben zahlreiche nervöse Fieber und Koliken mit Durchfall 
und Erbrechen, worauf Ende August einzelne , ‚der Cholera 
verdächtige Fälie sich einstellten, und vom 13. auf den 14. 
Sept. nach 3tägigen, sehr kalten Regengüssen die Cholera selbst 
in verschiedenen Theilen der Stadt so heftig ausbrach, dass 
schon am dritten Tage 139 erkrankten. Nach Aufhebung der 
Sperre am 19. Sept. nahm aber die Zahl der neu Befallenen 
und Verstorbenen auffallend ab. Die Krankheit erschien keines- 
wegs zuerst in engen, unreinlichen Strassen oder am Donau- 
kanale, sondern gleichzeitig auch an Hauptplätzen und in Haupt- 
strassen, ohne dass man einen Punct, von dem die Seuche aus- 
gegangen, nachweisen konnte, und trat unter mannigfaltiger 
Form auf. Unter den nicht selten vorausgehenden Vorboten 
waren leichter, bald vorübergehender Schwindel, drückende 
Schmerzen in der Stirne, veränderte , ängstliche Physiognomie, 
Mangel an Esslust, Beängstigung in der Herzgrube, Kollern in 
den Därmen, Schauer über den Rücken, unruhiger Schlaf, Nei- 
gung zu eigenthümlich riechenden Schweissen und ein kleiner 
härtlicher Puls die wichtigsten Erscheinungen. Meist ging 
jedoch statt dieser Vorboten ein mässiger, höchst schwächen- 
der Durchfall mit dickem, weisslichem Zungenbelege durch meh- 
rere Tage voraus, worauf die Cholera sich plötzlich und sehr 
rasch entwickelte. Nur selten beurkundete sich, was aber ge- 
fährlich war, der Anfang ohne Vorboten sogleich durch Erbre- 
chen mit Durchfall. Ausgebildete, bloss in Ohnmachten und 
Krämpfen bestehende Cholera ohne Durchfall beobachtete K. 
nicht. Als pathognomonische Zeichen der ausgebildeten 
Krankheit erschienen folgende: Verändertes, schwere Leiden 
verrathendes, eingefallenes Gesicht mit tief zurückgetretenen und 
mit dunkelblangrünen Ringen versehenen Augen, Niedergeschla- 
genheit des Gemüthes, heftiger, unersättlicher Durst mit Verlan- 
gen nach kalten oder kühlen, säuerlichen Getränken, bläulicher 
Fleck zur linken Seite am Grunde der Zunge und dem weichen 
Gaumen, heisere und schwache Stimme, Kälte der Extremitäten 
und blaue Farbe derselben, allmähliches Verschwinden des Pulses, 
eingezogener Unterleib, krampfige, sehr schmerzhafte Zusam- 
menziehungen, besonders der untern Extremitäten, Mangel der 
Ab- und Aussonderung des Urins, weisse oder weisslichgraue, 
schleimige, eigenthümliche Ausleerungen von oben und unten, be- 
sondere Beschaffenheit des Blutes, grosse Beängstigung in den 
Präcordien und sehr rascher Verlauf des Uebels. War die Stimme 
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