III. Chirurgie und Augenheilkunde, 249
vegeto-min., so lange das gebrochene Glied noch schmerzt und
nicht gelblich gefärbt ist, und wendet lieber erweichende Mittel an.
— Mehrere Chirurgen sind der Meinung, dass man bei Fracturis
comminutis, wenn die Bruchenden sehr schief, viele Splitter vor-
handen, ein starker Blutergunss erfolgt ist u. s. w., augenblicklich
amputiren müsse. Andere dagegen behaupten, dass man die Am-
putation nicht zu zeitig vorzunehmen brauche, denn die gefürch-
tete Entzündung trete nicht immer ein. Lısrranc erklärt sich für
keine Partei unbedingt. Er. hat beobachtet, dass die Fracturae
comminutae einen unglücklichen Ausgang nahmen, wenn sich zu
ihnen die Symptome der Gastro-enteritis gesellten. Sind daher
die Kranken von robuster, kräftiger Constitution, lässt sich bei ih-
nen der Eintritt einer Gastro-entetitis nicht vermuthen, so am-
putire man nicht, sondern wende nur sogleich ein streng anti-
phlogistisches Verfahren an, d. h. allgemeine Aderlässe, strenge
Diät, erweichende Umschläge. Sind aber die Kranken schwäch-
lich, haben sie schon öfters an gastro-enteritischen Zufällen ge-
litten, und ist das Hinzukommen solcher Zufälle zu befürchten, so
nehme man sogleich die Amputation vor. In den Julitagen 1830
wurden 2 junge, kräftige Leute mit zerschmettertem Schenkel-
knochen in Lıisrrane’s Klinik gebracht. Durch Anwendung der
angegebenen Methode gelang es, die Fracturen in kurzer Zeit zur
schönsten, vollkommensten Heilung zu bringen. In einem andern
Falle waren beide Schenkelknochen zermalmt worden; dennoch
ging die Heilnng bestens von Statten. — Ist die Zeit gekommen,
wo man um das gebrochene Glied einen Verband anlegen muss, so
fragt es sich, weichem man den Vorzug geben müsse. LISFRANC
verwirft den permanenten Verband, der sogleich; nachdem der
Bruch geschehen ist, angelegt wird, und der von den Aegyptern
zuerst angewendet worden ist, theils aus Gründen, die in dem
Vorhergehenden enthalten sind, theils weil gerade bei einem so
festen Verbande die Verschiebung der Knochenenden bei der täg-
lich vorzunehmenden Untersuchung leichter geschehe, theils end-
lich; weil sich leichter Eiterung, Fisteln, Blutungen, Caries bil-
den könnten. Fast alle Chirurgen tadein den Rollverband bei
Fracturen, ausgenommen bei denen des Vorderarmes. Die acht-
zehnköpfige, übrigens zu empfehlende Binde hat das Unbequeme,
dass sie ganz geändert werden muss, sd, oft eins ihrer Stücke be-
schmuzt ist. Die meisten Chirurgen ziehen den ScuLTET-
schen Verband allen andern vor. (Es ist nicht angegeben,
für welche Art des Verbandes sich Lisrranc entschieden hat).
Fracturen des Rückgraäates. Zwei Männer, die von einer
Höhe herab auf die Nierengegend gefallen und daselbst das
Rückgrat gebrochen hatten, wurden zu gleicher Zeit in Lıs-
FRAne’s Klinik gebracht, Beide litten an vollkommener Paraple-
gie. Durch oft wiederholte Aderlässe und an die Hüften ge-
setzte Blutegel wurden beide am Leben erhalten. Der eine von
ihnen bekam den vollkommenen Gebrauch der untern Extremi-