Full text: (Bd. 1 (Jahrg. 1832) = No 1-No 8)

IL Pathologie, "Therapie und medicinische Klinik. 131 
gezogener Puls. Hautausschläge fehlten oft bei beiden Uebeln. 
— Nach fortgesetzter reiflicher Ueberlegung trägt Hr. Dr. M. 
kein Bedenken, die eben beschriebene Krankheit zu Mettingen 
Cholera, und zwar Ch. calida zu nennen. Der Ch. orientalis 
giebt er den Namen Ch. frieida. Beide Arten sollen sich durch 
Folgende Zeichen unterscheiden: Die Ch. frigida befällt den Men- 
schen Morgens von 4—5 Uhr, die Ch. calida Nachmittags von 
2—3 Uhr. Bei der erstern ist der Puls kaum fühlbar und zu- 
rückgezogen, und das aus der Ader gelassene Blut schwarz, bei 
der letztern ist der Puls voll, wallend, und das Blut hochroth. 
Ausserdem sind beide sich vollkommen ähnlich, ‚und die heftig- 
sten Symptome sind im Anfalle die Bangigkeiten, die Krämpfe 
und das furchtbare Herzklopfen. Beide Arten können in einan- 
der übergehen und neben einander wohnen. — Ueber die An- 
steckung bei der Krankheit in Mettingen lässt sich nichts Ge- 
naues sagen; sie hatte ihre Launen, ‚und nur wer sich starken, 
körperlichen Bewegungen, Leidenschaften u. s, w. aussetzte, wurde 
eher und stärker ergriffen, als Andere. . Besonders blieben die 
verschont, deren Gesichter von den natürlichen Pocken entstellt 
waren, und erkrankten sie ja, so kamen sie mit einem leichten 
Anfalle durch. Eben dasselbe galt auch von Personen, welche, 
besonders in Kriegszeiten, den Typhus gehabt hatten. Dass 
die Leber bei der Krankheit ins Spiel kam, möchte besonders 
die gelbe Farbe während der Anfälle. und die gelbe Marmori- 
rung nach dem Tode zeigen, auch fand sich oft an irgend einem 
Theile ein rothlaufartiger Ausschlag. Ob so etwas Rothlaufar- 
tiges bei den schnellen Todesfällen vielleicht auf das Hirn ßel? 
Brechmittel zu einer gewissen Zeit. möchten also wohl nicht 
schädlich seyn. Im Anfange waren sie zu Mettingen tödilich, 
später aber gab man sie, nach Beseitigung des grossen Sturmes, 
mit Nutzen und fand, dass der Vebergang in Febris nervosa 
lenta nun seltener wurde. Das Wesen der Ch. calida sucht 
übrigens Hr. Dr. M. in einer wahren Vergiftung, welche voll- 
kommen der narkotischen ähnlich ist. Das Gift aber, welches 
so schnell tödtet und so schnell eine vollkommene Blutentmischung 
veranlasst, oder fast eher tödtet, als es diese veranlassen kann, 
ging ohne Zweifel aus Sumpfluft hervor, wurde ‚durch andere 
äussere Einflüsse bösartiger gemacht, ist nach Allem rothlauf- 
artiger Natur und nimmt vorzugsweise. die Leber in Anspruch, 
Da dies Gift sehr flüchtiger Natur ist:und schon an und für 
sich vom Nervensysteme aus tödtlich wirken kann, also ehe es 
eine Blutentmischung veranlasst, und rückwärts von dem Blute auf 
das Nervensystem wirkt und den Tod herbeiführt, so. musste 
man sich bei der Therapie wohl mit allem Rechte auf flüchtige 
Mittel beschränken, besonders auf solche, welche schnell einen 
Schweiss veranlassen, um dadurch die flüchtigen Bestandtheile 
zu entfernen, und die gröbern Stoffe durch Stuhl und Urin weg- 
Führen, Zur Verbesserung der Blutmasse musste Chinin das
	        
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