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VIL.. Staatsarzneikunde.
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Nachbargarten fürchtet. ‘ Unterdessen von ihrer Frau beauftragt,
einen Theekessel mit heissem Wasser aus der Küche zu holen , ist
zie eben im Begriffe , diesem Befehle Folge zu leisten, als ihr beinr
Anblicke des Feuers der Gedanke aufsteigt, Kohlen in das Stroh
auf dem Boden zu tragen, um dem verhassten Auftrage, sich in
den Garten zu begeben , zu entgehen. Sogleich vollzieht sie den
Einfall und bringt dann ruhig ihrer Frau den Theekessel. : Wäh-
rend des Feuers ergreift- sie einen: Theil ihrer Sachen; ent-
läuft damit an das andere Ende der-Stadt und kehrt erst nach
zelöschtem Brande zurück, die übrigen Sachen zü retten. Ueber
die Entstehung des Feuers befragt, giebt sie vor Gericht eine
ruhige, einfache Erzählung, ohne dass der geringste Verdacht auf
sie fällt. Nach dieser Zeit dient sie'an verschiedenen Orten, be-
trägt sich moralisch gut, vernünftig, und zeigt nie etwas Auffal-
lendes. Von einer Herrschaft schnell verabschiedet, weil sie
Honig zur Grütze zugesetzt hatte, begiebt sie sich im kalten Win-
ter auf eine Wiese und setzt sich in den Schnee, bis sie vor Kälte
erstarrt zurückgebracht wird. Irre und verworrene Reden wer-
den an ihr nicht bemerkt, doch verunreinigt sie mit ihrem Urin
fast alle Nächte das Bett: Aus einigen Diensten wurde sie theils
wegen Rohheit und Trägheit, theils: wegen kleiner Diebereierr
bald‘ wieder fortgejagt, und fast drei Jahre nach der Brandstif+
tung auf einem Jahrmarkte von der Schuhmachersfrau; ihrer vor-
maligen Herrschaft, getroffen und der Brandstiftung beschul-
digt; ‘Anfangs läugnet sie zwar, ' gesteht jedoch später und giebt
vor Gericht alle Umstände an. Obgleich ihr Benehmen in den
verschiedenen Verhören verschieden war, je nachdem gerade Um-
stände von grösserer oder geringerer Wichtigkeit verhandelt wur-
den, so zeigte sie doch nie Verstandesverwirrung oder Geistesab-
wesenheit. Das*erste Verhör musste wegen einer Ohnmacht der
Inquisitin abgebrochen werden. Das Gutachten fiel dahin aus,
dass Katharina Dorothea B. zwar volle Zurechnung
ihrer Brandstiftung wegen treffe, da sich keine
Spur einer Geisteszerrüttung, noch eines physisch
kranhhaften Zustandes, welcher Einfluss auf-ih-
ren Geist äussern konnte, nachweissen lässt, auch
zur Zeit der Ehntwickelung zur Mannbarkeit nir-
gends ein Zeichen einer unordentlichen Entwicke-
lung erschienen ist, vielmehr die That mit voller
Kenntniss der Folgen von ihr ausgeführt wurde,
um sich von einer drohenden Strafe zu befreien.
Diese volle Zurechnung scheint jedoch in Erwä-
gung der fehlerhaften Erziehung und der dürftigen
geistigen Ausbildung, so wie wegen der Furcht und
Angst, in den Garten zu gehen, wodurch die freie
Selbstbestimmung beschränkt wurde, zu ermässi-
gen zu seyn. — Die Brandstifterin wurde zu 15jähriger Zucht-
hausstrafe verurtheilt.