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Chirurgie und Ophthalmologie.
höchst reizbar, und jede äussere psychische oder physische Ein
wirkung erregte leicht Krämpfe-und Ohnmächten. Die Haut
war mit klcienartigem Ausschlage, besonders am kranken Beine,
bedeckt, die Kräfte gesunken, der Puls klein, schnell, und
nächtliche Sclnveisse, fieberhafte Bewegungen, Frösteln und
fliegende Hitze bezeichneten das eingetretene liectische Fieber.
Wenn ein Uebel durch äussere Ursachen entstanden ist, keine
innern Cansalmomente zugegegen sind, und durch das örtliche
Leiden der ganze Körper ergriffen wird, so ist nach v. Gräfe
die Entfernung des kranken Theils angezeigt. Nach diesem
Lehrsätze wurde, wie W. sich sehr wohl erinnert, im v. Grä-
fe’schen Cliniknm 1821 bei einem, dem hier in Rede stehen
den ähnlichen, Falle die Amputation mit bestem Erfolge vor
genommen. Auch hier war die Amputation ganz angezeigt,
doch erachtete sie der mitbehandelnde Arzt noch nicht für
zweckmässig. Pat. nahm innerlich Dcc. Cort. chin. c. Aelher.
sulph. Aeusserlich wurden Compressen, mit Sublimataullosnng
befeuchtet, übergelegt. Der Zustand wurde täglich bedenk
licher, so dass man den Tod fürchten musste. Ein dritter
Arzt stimmte für die nochmals vorgeschlagene Amputation.
Der Verf. unternahm daher dieselbe am 29sten Mai, also 5
Monate nach Anfänge des Uebels, nach der von v. Gräfe
vorgezeichneten Lappenamputationsmethode am obern Drittheile
des Oberschenkels. Die Enge des Zimmers, welche mehrere
der Gehiilfen die gehörige Stellung nicht eiunehmen liess, so
wie die zu grosse Schwere des Beins hatten zur Folge, dass
der Knochen etwa ’/, Zoll zu lang abgesägt und dieser Act
daher wiederholt werden musste. Die Blutung war gering,
einige wenige Ligaturen waren schnell angelegt, die Lappen
durch einige blutige Hefte und Heftpflasterstreifen vereinigt
und mit Longuetten und Zirkelbindc bedeckt. Das Befinden
war, bis auf grosse Aufregung, gleich nach der Operation,
ziemlich gut. Pat. nahm einige Male einige Tropfen Tincf.
opii c. Ae Hier, sulph. und ausserdem eine Emulsion mit Aqua
Laurocerasi. Abends war der Puls weniger schnell, der auf
geregte Zustand währte fort und dabei blieb es auch am er
sten, zweiten und dritten Tage, doch schlief und ass Pat. etwas
und das Fieber liess nach. In den Mitteln wurde nichts geän-
dert. Die Wunde war etwas entzündet, sonst wie gewöhnlich.
Von nun liess das liectische Fieber nach, die Kräfte hoben
sich, die Haut wurde reiner, Schlaf und Appetit gut; die Wun
de heilte, ein kleines Knochenstück exfoliirte, und nur bisweilen
traten heftige Schmerzen im Stumpfe ein. Pat. erhielt nun
ein schwaches Infus. Cort. Chin. et Serpent. c. Aether.
sulph. und später Dec. cort. Chin. Die Wunde wurde mit