332 Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
126. Gänzliche Vereiterung des linken, hin
teren,, mittleren und eines Theiles des vorderen
Gehirnlappens, ohne im Lehen besonders wahr
nehmbare Krankheitserscheinnngen; vom Regiments
arzte Dr. Hanckk in Posen. Ein starker, muskulöser, blü
hender 22jahriger Musketier war, ausser einigen leichten ca-
tarrhalischen Affectionen im October 1839 und Blutsschwären
im Januar 1840 bis zum 5ten März ganz gesund gewesen und
hatte ohne Beschwerden den Dienst versehen. Am letztgenann
ten Tage klagte er über leichte Schmerzen im linken Ohre
und wurde, da der Chirurg einen unbedeutenden Ausfluss be
merkte, ins Lazareth geschickt, aus dem man ihn am 25sten
geheilt wieder entliess. Am 17tcn April klagte er wieder über
Kopfschmerzen, die aber nicht bedeutend und auch nicht von
Fieber begleitet waren; da Pat. aber leichte gastrische Be
schwerden hatte, die sich durch belegte Zunge und Drücken
in der Magengegend verriethen und das ganze Benehmen des
Kranken, der ohne Grund immer lächelte, im Widerspruch mit
den Krankheitserscheinungen stand, so wurde derselbe, mehr
um sein Unwohlsein beobachten zu können, ins Lazareth ge
schickt. Beim Abendbesuche am 18ten fand H. den' Kranken
in seiner Station. Er gab an, ganz gesund zu sein, nur sei
er etwas müde und habe Drücken in der Magengegend, der
Appetit sei ganz gut, weshalb er eine grössere Portion wün
sche, als mau ihm gegeben habe. Die Zunge war etwas be
legt, sonst aber das Wohlsein durchaus nicht gestört. Die
Leibesöffnung war regelmäsig, der Puls normal, das ganze
Ansehen munter, nur war das linke Auge mehr, als das rech
te, mit dem Augenlide bedeckt. Der Schlaf war in der Nacht
zum 18ten ruhig gewesen, Pat. hatte jedoch zuweilen tief ge
seufzt, was sich auch bei Tage wiederholte, wenn er schlief,
wozu sich überhaupt grosse Neigung fand ; doch konnte er
durch die geringste äussere Berührung und durch Anreden aus
dem Schlummer geweckt werden. Sprach H. mit ihm, so lachte
er und gebehrdete sich wie ein angehender Blödsinniger, was
zu dem Schlüsse führte, dass er sich entweder nur krank stelle,
oder dass sich wirklich ein Seelenleiden ausbilde. Da Pat.,
wie erwähnt, 5 Wochen vorher, an Ausfluss aus dem linken
Ohre gelitten.hatte, untersuchte H. diess genau, fand aber we
der eine Spur eines Ausflusses, nöcli sonst etwas Regelwidri
ges. Sowohl der gastrischen Beschwerden wegen, als auch
im Falle, dass sich ein geistiges Leiden durch Unterleibs
stockungen bedingt, ausbilden sollte, liess der Verf. von einer
Lösung des Tart. slib. (gr. j. auf §j.) alle 2 Stunden einen
Esslöffel nehmen. Anfangs erregte diess Mittel Erbrechen, wo