322 Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
methoden dabei bewährte und Tausende von Kindern dahin
starben. 1836 beobachtete der Verf. in Warschau eine Schar
lachepidemie mit nachfolgendem Hydrops, die aber so gutartig
war, dass nicht ein Kind starb.- Seitdem behandelte er auf
gleiche Weise viele Kinder an Scharlach und sah gar keinen
Hydrops eintreten. Im Anfänge des Frühjahrs 1840 kam ihm
wieder so gutartiger Scharlach vor, dass die Kinder nicht ein
mal im Bett zu bleiben brauchten. Der Ausschlag zeigte sich
bald bei unbedeutendem Unwohlsein auf der Oberfläche der
Haut und die Halsbeschwerden waren gering. So währte die
Krankheit einige Tage und die Kinder genasen ohne weitere
Hülfe des Arztes. Die Abschuppung ging ohne Hautanschwel
lung vor sich. Nach zwei Monaten aber veränderte das Uebel
seinen Character. St. wurde zu Kindern gerufen, die 14 Tage
vorher Scharlach gehabt hatten, und nun plötzlich heiser gewor
den waren und husteten. Sie waren sehr unruhig, wollten
Nichts zu sich nehmen, schliefen aber viel, und wenn sie er
wachten, weinten sie und waren unruhig, bis sie wieder in
Schlaf verfielen. Das Fieber war unbedeutend, die Zunge
rein und Se- und Excretionen nicht gestört. Der Yerf. hielt
das Leiden anfangs für Entzündung der Respirationsorgane,
liess Blutegel setzen und gab Tart. stib. und Diaphoretica,
doch alles ohne Erfolg: die Unruhe stieg und die Heiserkeit
nahm zu. Hinzugezogene ältere Aerzte verordnten Blutegel,
doch je mehr die Kinder antiphlogistisch behandelt wurden,
desto eher starben sie. Der Yerf. erinnert sich keines Falls,
der bei irgend einer Behandlung günstig verlaufen wäre. Zwei
Monate später war es, als wollte die Natur die Aerzte über
das Wesen des Uebels besser belehren: es zeigte sich nämlich
die Krankheit in einer offenbarem Form. Der Verf. wurde
in einem Kinde gerufen, das fast schon in agone lag und an
dem er eine grosse Anschwellung der Halsdrüsen und Parotis
der rechten Seite, so wie die Mandeln mit dem weichen Gau
men in brandige Geschwüre übergegangen fand. Das Kind
war von einem Anhänger der Broussaisschen Lehre behandelt
worden, der keine Blutegel gespart hatte, so dass er diese, ne
ben Verabreichung von Calomel, noch in diesem Stadium ge
setzt hatte. St. verordnete zwar Campher und Chloreinspriz-
zungen, doch wurden diese Mittel bald von dem ersten Arzte
mit Calomel und Nitrum vertauscht. Zur Einspritzung wurde
ein Dec. MlJi. genommen. Nach einigen Stunden verschied
das Kind. Nach mehreren Tagen wurde der Verf. wieder zu
Kindern geholt, wo er Geschwulst an einer, oder an beiden Sei
ten des Halses bemerkte. An den Tonsillen zeigte sich ein
weisser Fleck, wie beim Hospitalbrand, der sich bald ansdehnte