260 Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
Grund, warum sich hier Exsudat gebildet hat, liegt wohl thcils
in den doch beständig etwas angestrengten Lungen bei dem
nicht sehr robusten Kranken und theils in dem unvorsichtigen
Entfernen aus dem 13ette. Dass aber diess Exsudat resorbirt
wurde, liegt im regelrechten Hergang der Reactionen, in der
glanzvollen Naturheilkraft. Sie, und nur sie allein führte die
Genesung herbei. Wie entstand nun aber bei Empyem das
Delirium? Die Delirien während dieser Krankheit traten erst
dann ein, als sich das Exsudat gebildet hatte; nicht lange dar
auf erschien die eitrige Flüssigkeit als Bodensatz im Harn und
so lange als dieser Niederschlag sich bildete, so lange währ
ten auch die Delirien. Beim Acte der Resorption muss die
resorbirte Flüssigkeit den ganzen Kreislauf mit durchgehen,
folglich kommt dieselbe auch durch die Arterien zum Hirn und
ohne Zweifel rührt die zu derselben Zeit als eitriger Auswurf
erscheinende Ablagerung dieser Flüssigkeit auf die Brouchial-
membrau eben daher. Neumann sagt nun, wenn Krankhei
ten der Vegetation sich so durch den Körper verbreiten, dass
sie zwar die Hirnmasse nicht verwunden, doch zu krankhaften
Aeussernngen zwingen, so nenne man diess Delirium. Die re
sorbirte Flüssigkeit, da sie Eiterkügelchen unterhält, berührt
durch die Capillargefässc die einzelnen llirntheile und wirkt
eben nicht so' wie der dem Sensorium gewöhnliche Blutreiz,
sondern so, dass die Sensihilitätsäusserungen desselben, das
Perceptious - und CombinationsverhT$j>en* also die productiven
Geisteskräfte sich so ändern, dass gerade die Delirien entste
hen, während das reprodnetive geistige Vermögen fast gar nicht,
in heftigem Fällen aber auch alienirt ist. Auch Eisen mann
(Hufelands Journal d. pract. Heilk. 1840. Januar) sagt: dass
wie bei den Pocken der resorbirte Eiter die heftigsten Cere-
bralerscheinungen verursachen kann, so veranlasse auch der
resorbirte Eiter der Exantheme die bekannten Störungen der
Hirnfunctionen, wie diess nicht nur deutsche, sondern auch
französische Aerzte längst erkannt und behauptet haben. Er
giebt ferner an, dass der Varioleneiter, wenn er in grosser
Menge aufgesaugt wird, adynamischcs Fieber und sehr omi
nöse Cerebralsymptome erzeuge, während durchaus kein wich
tiger innerer Theil entartet ist. Die Qualität des Eiters muss
demnach auch nicht unbedeutenden Einfluss auf Hervorrufuug
wichtiger Cerebralerscheinungen haben, da doch bei dem er
wähnten Fall sehr gutartiger Eiter abgesondert wurde und des
halb auch die Delirien keinen bösartigen Character hatten.
Die Heftigkeit oder Bösartigkeit der Delirien, so wie des dabei
sich vorfindenden Fiebers rührt nach Eisen manu daher, dass
die Gesammtcapillarität leichter oder stärker gelähmt und das