Psychiatrie. l® 7
kehrten Vorgänge aus früherer Zeit wieder. Der Appetit
kehrte zurück, der Schlaf war zuweilen ruhig, die Haut, Nase
und Mund wurden feuchter und die Urinahsonderung reichli
cher. So blieb der Zustand 12 Tage. Abführungen aus Gra-
tiola und Einreibungen 'von Ung. Tart. slib., die in dieser
Zeit gebraucht wurden, blieben ebenso, wie grosse Gaben von
.A.Amtjgd. amar. ohne alle Wirkung. Bei einer neuen
Gonferenz beschloss man, das Exlr. Beilad. abermals, und
zwar zu 1 Gr. innerhalb eines Tags, anzuwenden. Die Nacht
darauf war der Zustand des Kindes schlechter als je, indem
dasselbe aufs heftigste tobte und phantasirte. So blieb der
Zustand 2 Tage sich gleich, ungeachtet des wiederholten und
sehr starken Gebrauchs der u4.qu. amtjgd. amar. Vom drit
ten Tage aber trat auffallende Besserung ein, die bis zur völ
ligen Genesung vorschritt, welche jetzt, nach 3 / 4 Jahren noch
keine Störung wieder erlitten hat. [Hufcland's Journ.
d. pract. HeilJc. 1840. September.]
73. Ueber eine aus physischen Ursachen ent
standene Geisteskrankheit, nebst höchst merk
würdigem Sectiönsbefunde; vom Regiments-Arzte Dr.
Hancke in Posen. Frau Prediger S., 43 Jahre alt, 21 Jahre
verheirathet, seit 0 Jahren Wittwe, Mutter von 6 Kindern, stammte
aus einer Familie, in der Unterleibsübel erblich waren, da ihr
Vater, der beim ersten Auftritt der Cholera ein Opfer dersel
ben wurde, lange daran gelitten hatte und die Mutter nach
mannigfaltigen Unterleihsbeschwerden den Brustkrebs bekam
und demselben unterlag. Die Schwester der Mutter hatte
ebenfalls lange mit chronischen Unterleibsleideil gekämpft, war,
als diese sich mehr ausgebildet hatten, geisteskrank geworden,
und starb in diesem Zustande an allmählig sich ausbildender
Lungenschwindsucht. — Schon gleich nach der Verheira-
thung soll Fat. sehr theilnahmlos gewesen sein, die Ruhe ge
liebt haben und selten zu einem bestimmten Handeln zu be
wegen gewesen sein. Obgleich sie damals noch nicht über
Unterleibsbeschwerden klagte, soll doch schon vor der ersten
Schwangerschaft der Leib auffallend stark gewesen sein, und
Pat. soll oft an Obstructioncn gelitten haben, was sich nach
den rasch auf einander folgenden Schwangerschaften sein- ver
schlimmerte. Die stets trübe Stimmung vermehrte sich nach
dem plötzlich und unerwartet erfolgten Tode des Mannes sehr,
wobei das körperliche Uebel allmählig so stieg, dass die Gei-
stesfunctioncu seeuudär beeinträchtigt wurden. Eine schon
lange gefühlte drückende Empfindung in der Lebergegend bil
dete sich später bis zum Schmerze aus, der sich mehr oder