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Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
Linz zum ersten Male. Sie erscheint nicht in jedem Jahre
und tritt auf einmal in den entgegengesetztesten Stadtbezirken
auf. Sie befallt nie Kinder, nie Greise, sondern meist Men
schen in mittlern Jahren und endigt selten tüdtlich; nur lasst
sie manchmal Nachwehen im Darmcauale, wie habituelle Ver
stopfung und Lähmungen in den Extremitäten zurück. Zuwei
len kann man gar keine Ursache ermitteln, doch scheint Er
kältung, oder Genuss des Mostes die gewöhnliche Veranlassung.
Häufig sind ferner bei den Armen Hlutlliisse, entweder aus den
Lungen in Folge schwerer Arbeit und kalter Luft im Winter,
oder aus dem Uterus, gleichfalls durch grosse Anstrengung,
selbst während der Reinigung, dann aber durch aufregende
GcinUlhsstörungcu herbeigeführt. H. bemerkte bei denselben
auch oft den epidemischen Character. Rei Kindern kommen
Aphthen, meist Folge der Unreinlichkeit, und häutige Bräunen
vor, sowie Keuchhusten und Scharlach oft epidemisch unter ih
nen wllthen. Ebenso verbreitet sind die Scropheln, die oft an
geboren sind, oder durch unpassende Nahrung, besonders aber
durch feuchte Wohnungen, kurz durch Notli jeder Art ausge-
bildct werden. Dass Menschen, die durch Arbeit ihr Leben
hinbringen müssen, leichter erkranken, ist erklärlich, dass aber
die Art ihrer Beschäftigung eigene Krankheiten erzeuge, be
stimmte Organe besonders trefTe, wird sich aus Folgendem er
geben. Unter den Armen findet man besonders Taglöhner, die
durch schwere Arbeit sich den Unterhalt verschaffen. Diese
verfallen häufig durch Einathmen oft anhaltend trockner, kal
ter Luft, durch Erkältungen und durch Genuss des Branntweins
in Entziinduugskrankhciten. Ferner sind es Weber % die für
Fabrikanten in ihren engen, dumpfen Wohnungen stückweise
arbeiten — blasse, hüstelnde, durch Gicht verzogene Menschen,
oder Wollkämmer, die theils in Fabriken, theils zu -Hause ar
beiten. Fis ist auffallend, wie diese in ihrem Berufe entweder
bald sterben, oder vor der Zeit siech werden. Sie sind, wie
die Weber, meist brustkrank, indem der feine Staub bei ihrer
Arbeit stets die Athmnngsorgane reizt, somit chronische Ka
tarrhe, die in Lungensucht enden, erzeugt. Ungeachtet des
sitzenden Lebens leiden die Weber doch selten an Anschoppun
gen und Hämorrhoiden, wahrscheinlich deshalb, weil sie bei
ihrer Arbeit immer den ganzen Körper bewegen, demnach keine
Stockungen in den Unterleibsgefässen entstehen können. Ueber-
haupt sind bei den Armen Leber- und Milzinfarcten selten,
ebenso Schmeerbäuche und dadurch bedingte Asthma’s, selten
auch Hämorrhoiden. Die fortwährende Anstrengung der Mus
kelkräfte, die schon mechanisch den Kreislauf des Blutes be
fördert und die durch die Noth gebotene Selbstthätigkeit der