Full text: (Neueste Folge, Band 16 = 1841, No 1-No 8)

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Pathologie, Therapie und mediciuische Klinik. 
gelassen. [Med. Corresp. Blatt d. wärt, ürztl. Vereins. 
Bd. X. Nr. 28.] 
III. Pathologie, Therapie und medici- 
msciie Klinik. 
3. Ueher dieKrankheiten der Armen. Skizze aus 
dem Tagebuche eines Armenarztes. Von Dr. Haller, sup- 
plirendem Armenärzte in Linz. Nachstehende Zeilen sollen das 
aussprechen, was die Erfahrung in den Hütten der Armen in 
das Innere des Yerfs. eingegraben hat. Hoffentlich wirken sie 
anregend auf das gleichgestimmte Gcmiith manches Collegen 
und werden dadurch auch den Armen nützlich. Niemand kann 
das dem Armen sein, was der Arzt ihm ist, wenn er nicht blos 
Recepte Terschreibt, sondern ihm wahrhaft mit seinem Herzen 
beisteht! Liegt nicht schon für den Armen darin Trost und 
Hoffnung zur Besserung, dass er doch noch den Arzt hat, der 
täglich fragt: wie geht es? und freudig Hülfe bietet. Da nun 
der Arzt gleichsam letzte Instanz derArmuth ist, wird er wohl, 
wenn er einmal das Herz des Armen gewonnen, bloss den 
kranken Körper heilen wollen, wird er nicht forschend nach 
den Ursachen des Uebels zugleich auch in den Geist einzudrin 
gen suchen? Und ist ihm diess gelungen, wo findet er den 
Ursprung des Uebels häufiger, als im Willen? Hier geht auch 
die Heilkunst in die Moral über; eine kann ohne die andere 
nicht bestehen und beide müssen sich vereinigen zum Wohle 
der Menschheit, liier steht der Mensch ganz rein dem Men 
schen gegenüber — und sollte man da nicht geistig und so 
einwirken können, dass sich mit der Krankheit und ihrer An 
lage auch das innerliche Leben anders gestalte? Bei Epide 
mien, beim Einbruch grosser Kälte, bei wechselnder Friihlings- 
und Hcrbstwitlcrung erkranken die Armcu zuerst, indem sie 
mit ihrem minder starken Körper den schädlichen Einflüssen 
nicht widerstehen können. Zuerst erliegen Kinder und Alte; 
jene weil sie meist ursprünglich kraftlos sind, diese weil sie 
ihre Kraft in Arbeit und Sorge aufgezehrt haben. Die Haupt 
ursache der Krankheiten der Armen sind: feuchte, unreine und 
schwere Luft in den erdschössigcn Wohnungen, wenig schüt 
zende Kleidung, nie hinlänglich geheizte Stuben und schlechte 
mangelhafte Bedeckung im Bette selbst. Eine weitere triftige 
Ursache bildet die spärliche, unsaubere Nahrung; denn in ver 
dorbenem Fleische, in aufgewärinteu, bereits schimmligen Spei 
sen besteht leider nur zu oft das ganze Mahl. Eine fernere 
Ursache ist auch zu reichlicher Genuss des Branntweins bei 
beiden Geschlechtern, wodurch sie das durch Unglück unidü-
	        
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