Br, 6.
Behnter Tahrgang.
Juni 1910.
Her Sissionsherold,
ein monatlich erscheinendes Missiousblatt für jung und alt.
Inhalt: Lal Babır und die Götter. — Ein Sonntag in Kotapad. —
Wie e3 unfjerm Induftriemijfionar Paul Weber auf feiner
Reife nach Indien von Breklum bis Genua ging. — Brieflaften.
Cal Babu und die Götter,
(Bon Frau Mifjlionar Larjen, Kotapad.)
Lal Babıu war der größte und reichfte Mann eines indi-
ichen Dorfes, aber durchaus nicht der beliebtefte. Im Gegen:
teil, alle Leute haften und verabjdheuten ihn. Cr war näm-
(ich, mas wir zu Deutfch einen Blutfauger oder HalZab{OHnei=
der nennen, ein Wu cher er der {Hlimmfiten Sorte. Bor vie:
len Jahren war er inZ Dorf gefommen mit 5 Rupiez in der
Halte feines Lendentuchs, aber er hatte e3 verftanden, die Ber-
legenheit feiner Mitmenjchen in den jhmweren Zeiten der Miß-
ernte und Teuerung auszunußGen. Sr lieh Seld aus und
nahm (oft 75 %) unverfhämt hohe Zinjen. So kam es,
daß er mit der Zeit Geld auf Geld hHäufte, während die mei-
ten anderen Bewohner des Dorfes verarmten. Fat alle wa-
ten in der Gewalt des herzlojen Tyrannen und mußten den
Druck feiner gewaltigen Fauft fühlen. Immer war er im
Vorteil, mochten fich die Zeiten jo oder jo geftalten. Wenn
das Jahr gut ausfiel und die Felder eine reiche Reisernte
brachten, fo jloß der größte Teil Des Erirages in Sal Babus
Tajche, denn feine Forderungen fjollten zunächft gedeckt mwer-
den. Gab’3 denn wieder mal ein Unglücksjahr, in welchem
die Felder vertrodneten und hart murden wie Steine und daz
Korn von der verzehrenden Sonnenglut verfengt wurde, —
wieder lachte Lal Babu, während andre mweinien, denn nun
Mußten diefe wieder bei ihm Geld leihen gegen Wucherzinfen.
„VBorläufig ft unz denn doch geholfen,“ und „kommt Zeit,
lommt Nat“, fo fagte man. Aber e3 ift ein ungemein trau-
tigeS Lo3, bei einem Wucherer in Schulden zu {teden! — —