Full text: (10. Jahrgang)

206 — 
zeug!“ Das war eine fo gute Empfehlung, daß er jofort einen 
Bla fand. ES gibt heilige Leute, welche fich feit 30 Jahren 
nicht mehr gemwafdhen haben und ihr Haar nicht kämmen; 
Schmuß und Lumpen find gute Dinge in Indien. . Wenn je- 
manb einen Freund von der Bahn abholen will, rennt er am 
3Zug entlang und fOreit {o laut den Namen desfjelben, daß 
diejer ihn, auch zwifjfchen den vielen andern KRufern, unfehlbar 
treffen muß. 
Während der Keife fibGt man fih nicht ftumm gegenüber, 
fondern es ijt eine3 jeden Aufgabe zu erforfcdhen, mobhin der 
anbere will, mie biel feine Juwelen foften, was er für Ver- 
wandte hat und zwar fo laut, daß das Setöje des Zuges 
überfchrien wird. Dabei find Hände, Hüße, Augen und Kopf 
in beredier Bewegung. Ein Hauptfaktor ift e$ auch, von den 
Mitreijenden zu erfahren, wie viel Cinfommen fie Haben, um 
danach den Grad der fOhuldiagen Chrerbietung zu bemejfen. 
Auf jeder Station bieten Verkäufer, am Zug entlang laufend, 
ihre Waren aus als: Buttermilch, Zigarren Früchte, Fächer, 
Kleider, Rückenkrager, Zuderzeug und der Barbier ift bereit, 
während des Aufenthaltz dem, der e& wünfcht, feine Dienfte 
zu leihen, feinen Bart zu jtußen, die Nägel zu befchneiden, 
oder die Füße und Finger zu Mnaden. Die Verwaltung hat 
Leute angeftellt, melde die Reifenden bei der enormen Hige 
mit Wafjfer verforgen. Da aber die Kaftenunterfchiede dabei 
[onderlidH gewahrt werden müffen, it ein Brahmane ange- 
{tellt, der allen, die e3 wünfchen, „BrahHmanenwaffjer“ aus- 
teilt. Ein Mohammedaner {hreit {od laut er kann: „MohHam- 
medanermaffer!“ und die Moslemim kommen und füllen bei 
ihm ihre Mefjfinggefäße. Schließlich ft auch für „CSuropäi- 
IOes Waffer“ geforat. Alles entjtammt demfelben Brunnen. 
Ih hab’3 mal gefoftet, ih hatte brennenden Durft und meine 
Wafferflafche war entzweigegangen.. Mir {Omecte e3& wie 
Sift. Oft fieht man eine Gruppe Leute um den Mann mit 
dem „Brahmanenwafjfer“ herum an der Erde fiken. Sie ha- 
ben alle ihre Hände mie eine Rinne vor ihrem Mund zufam- 
men gelegt. Der mit heiliger Schnur und SGögenzeichen an- 
getane, bezopfte Brahmane füllt mit feinem Meffinggefäß aus 
dem Cimer, und gießt auf einen Meter Entfernung in die 
aufgehaltenen Hände das von der Sonne gewärmte Waffer, 
das begierig gefchlürft wird. Da foOHreit’3 aus einem Wagen: 
„Wo ift der Hindumwafjfereimer ?“ Cin Mitreifender ruft aus 
dem Fenfter: „Dooovvoh! Hindumwaffereimer! Romm,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.