Full text: (9. Jahrgang)

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idhenden. Bad wurde er abgerieben md gefleidet, dann .in den 
Wagen gefegt und fort ging's durch die Hereingebrodhene Nacht 
auf der Landjtrake kangjam, langfam Salur zu, wo mir. am 
andern Morgen anlanaten. 
Mein Aidhirmadam war fOweigjam geblieben. Wie Hung: 
rig mußte er jein. Wir jebßten ihın Reis vor. „Nun ik, mein 
Sunge, Du follit e8 gut Haben,“ fo vder ähnlidh redete iM ihm 
3u; e$ war vergebens. Miein Ajchirmadant wollte nicht efjen, 
March mittags und abends ging’S ebenfo. Den ganzen zweiten 
Taq Yungerte er aud. Was nun machen? DO, diejer harte 
Kopf eines Konds! Wir werden mohl noch oft diefe Härten 
unfjerer Konds erfahren müffen. Aın dritten Tage Gefahl iq 
dem Lehrer eine Handvoll Reis dem KAnaben einfach mit Ge- 
walt in den Mund zu ftopfen. Er tat e$. Dal was gefhah? 
X Wunder! FJekt Leuten die Augen des KAÄnaben auf, jebt 
beginnt das erlojdhene Leben wieder. Die Kalte it Ddurch- 
broden; marınm follte er audh nun nicht effen, er Hatte ja fo 
ihreckkicH Hunger! Im Sturm wird nun nachgeholt, mas 
verjäumt, lınd das Bänuchdlein gefüllt unter fröhlidem Laden. 
Yian fann e8 ihm von Außen anfehen, wie die Leere einer 
Fülle Pla‘ macht. FebBt erft war der Anabe wieder unfer 
Knabe geworden. Seitdem ijt er hier geblieben, hat oft feine 
Verwandten auf den Bergen befucht und arbeitet an feinem 
Teil daran, die Kalte zu brechen, deren Feind er durhH den 
Einfluß von Gottes Wort geworden ijt, TFebt {ft er unter mei- 
nen Konfirmanden und bereitet mir fortgefeßt viel Freude. 
Aber ein Kond ijt er geblieben, mit einem harten Kopf, der da 
weiß, was er will, und das ft aucH gut, wenn veredelt durch 
das Kreuz unjereSs Herrn. 
2. Unfere Waifenknaben und ihre Not. 
SGeitern Nacht fibe ih no allein in meiner Stube und 
jdhreibe, da plößlih fteht ein etwa 12jähriger Anabe neben 
meinem Xijdh. Er war ein rechter Windbheutel, mußte fajt täg- 
fid) beftraft werden und unterließ doch nie das Herumftrol- 
den, Früchte ftehlen und was fonit mit al diefjfen Sünden zu- 
jammenhängt. Da fteht er nun plöglid neben mir; die XTä- 
nen laufen nur fo herunter an beiden Backen und das Kleine 
Sefidhtdhen zuckt in großer Bewegung. Nod ehe ih ein Wort 
tagen fonnte, begann er unter heftigem Schluchzen: „Koh will 
nicht mehr ftehlen, ih will nicht mehr Iügen, iO will anders 
werden, ih will aud werden wie die andern Yungen8,“
	        
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