Full text: (4. Jahrgang)

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„Sit das etwas, das man fo 
geheim halten muß?“ fragte ich 
eritaunt. 
Aber da bekam Knut fo wunder: 
bar blanke Augen, und es zucte fo 
merfmürdig um feine Mund: 
winfel, und id verftand, daß ich 
ihm wehe getan. RMeumütig fiel 
ig im um den Hals und bat 
ihn, er möchte nicht traurig fein; 
aber ich gab zu, daß id) es nicht 
begreifen fünne, er möchte mir 
das Geheimnis erflären. Die 
Erklärung fam: Lange Hatte er 
überlegt, ob er nicht etwas ent: 
behren Kfönne, was wirklich fein 
eigen fjei, und was er für Die 
Million geben Könne. Cr {ah 
ja, wie die Mutter tat, wenn fie 
Sier und Küfe verkaufte, deren 
Ertrag auf vielen Höfen in die 
Tafche der Hausfrau fließt. Dann 
legte fie immer einen Teil davon 
im die Mijfionsbüchje. Er Hatte 
aud) den lieben Gott gebeten, 
daß er doch etwas bekommen 
möchte, worüber er frei verfügen 
fönnte. Mer Geld Hatte er nie 
in Händen und gerade Geld müßte 
e8 ja jein. 
Run erhielt Knut jeden Sonn: 
tag — morgens und nachmittags 
— je zwei Stüde BZuder zum 
Kaffee. Da war es am Weihnachts 
tage des vorigen Jahres, als 
ibm beim Kaffeetrinfen auf ein: 
mal der Gedanke kam: „Wenn 
Mutter mir ale meine Zuder: 
tüde abfaufen wollte, dann be: 
fäme id) Geld für die Miffton.“ 
Sofort teilte er der Mutter 
jeinen Plan mit, die auch fogleich 
zuftimmte. Sie fAenkte ihm die 
Hübidhe Schale, um den BZuder 
darin. zu fjammeln, und verfprach 
ihn, jedes Mal, wenn fe voll 
jet, 40 Big. 
„Denke dir,“ erzählte Knut, 
„ih habe die Schale fhon drei 
Mal voll gehabt, und Habe an: 
gefangen, zum bierten Mal zu 
fammeln. Weißt du, mandmal 
gibt Mutter mir drei Stüde, 
fo wird die Schale wohl bald 
wieder voll fein.“ 
3 war, al8 wenn die Freude 
von ihm ausfirahlte und eS Hell 
um ihn herum madte, während 
e5 inzwijchen angefangen Hatte 
zu dämmern. Ich Konnte nicht 
ein einziges Wort fagen. 
Das war die erfte Miffions 
Predigt, die ih Hörte. Seit: 
dem hörte ich viele. Mber keine 
von ihnen hat fo mächtig zu mir 
geredet und if fo tief in mein 
Herz gedrungen wie diefje, und 
feine Erinnerung fteht {0 lebendig 
vor mir, fie ft wie das Samen: 
forn, es birgt Leben in fidH und 
muß Dort weiter leben, wo es 
hingelegt wird. — Hier {Hloß 
Vater, Aber den Samen Hatte 
er Dineingelegt audy in mein 
Herz und er {Hlug Wurzel und 
wuchs, bis er endlidH zu einem 
großen und {Hönen Baum wurde. 
Nun fende ich diejes Samen: 
forn weiter hinaus zu allen Kin- 
dern, die dies lefen, und ich 
glaube auch, e& wird fich feftfegen 
und feimen bei dem einen oder 
anderen; e8S wird doch fo dringend
	        
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