Full text: (2. Jahrgang)

SE 
gegangen, fo aber mußte fafjt jede 
Taffe und jeder Teller zunächft forg- 
fältig mit Stroh und Zeug gefchüßt 
in Schubladen und Kiften verpackt 
werden, Von meiner gefamten Habe 
blieben außer den Difiriktsfachen 
nur ein großer Schreibtifch und 
eine große Rifte zurück. Diefe wollte 
niemand laden, weil die Herren zu 
faul waren, dag Bambusgeflecht von 
denKarren zu Löfen. Erft nach meiner 
Moreife Konnte Br. v. Frieling diefe 
Sachen auf die mitgebrachten Rota: 
pader Miffionsbandys packen laffen, 
Scheiden und meiden thut weh, 
jagt das Sprichwort, Auch mir 
war gar weh ums Herz, al8 ich 
am Sonntag Yudiea in Koraput 
meine WAHbjchiedapredigt über Koh. 
13, 11 bielt; ift doch die Gefchichte 
diefer Gemeinde fo eng mit meiner 
eigenen LebenSgefchichte verbunden. 
SErıft vor gut 4 Hahren hatte ich 
die 9 Eritlinge in die cHriftliche 
Gemeinde eingeführt, heute am 
Sonntag Nachmittag taufte ich meine 
Tauffandidaten, 171 Seelen. Nicht 
viel fehlte, und auch in Korapat 
märe wie in Kotapad an diefem 
Tage das erfie Taufend voll ge: 
worden; fajt den ganzen Montag 
war ich damit befchäftigt, die Neus 
getauften in das Taufregifter ein: 
zutragen, wobei ich bereit$ über die 
3ahl 800 hinausfam! 
Auch manche von den Gemeinde: 
aliedern empfanden etwas von dem 
Weh des Scheidens; ich lege zwar 
nicht viel Wert auf die Worte, 
welche fie {prachen, denn Worte find 
bier in Yudien noch billiger al8 in 
Suropa. So erzählte mir einer 
meiner Lehrer, er hätte bei der Nach- 
richt von meiner Berfegung vor 
Schmerzen gefaftet ; ein anderer hatte 
geweint, ein dritter die ganze Nacht 
fchlaflos zugebracht ufjm. „Was 
follen wir machen ohne Dich, der 
Du unfere Mutter und unfer Vater 
bift?“ 
Als aber der Katechet N. Thomas 
mir in einer Abfchied&verfammlung 
nach feierlicher Unfprache im Namen 
der Gemeinde zum Zeichen dankbarer 
Erinnerung ein goldenes Kreuz über: 
veichte, da Konnte ich auf Grund 
diefes Thatbeweifes ihre aufrichtige 
Liebe nachempfinden und den Vater 
im Himmel preifen, melcher das 
Siebesgebot feines Sohnes in ihre 
einft lieblofen Herzen gepflanzt hatte. 
Sup. Zimmefe fagte mir, fie hätten 
diefes goldene Kreuz ganz allein 
geftiftet, ein jeder hätte nach feinem 
Vermögen fein Kupfer dazu bei: 
getragen, 
Um Montag waren mit den 
Lehrern auch noch viele Cbhriften 
aus den Dörfern auf der Station 
geblieben, fie alle mollten mir zum 
Abfchied noch einmal die Hand 
drücken. Die Mütter drängten auch 
ihre Meinen Schoßkinder herzu, daß 
fie mir Händchen geben folten. Das 
fam ihnen jedoch 3. X. etwas merf- 
mürbig vor, manche brachen dabei 
in ein großes Abfchiedageheu aus, 
mährend andere dabei herzlich Lä: 
chelten. 
ber auch viele echte Thränen 
wurden von manchen Frauen geweint, 
[odaß e8 auch mir felbft fchmwer 
murde, mich dır Thränen zu er: 
mehren, Ich tröjtete, fo aut ich
	        
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