68 I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
und dessen Venen an den untern Extremitäten durch vieles
Stehen bei schwerer Arbeit stark entwickelt waren, bekam
1831 unter leichtem Fieber am linken Unterschenkel eine
Flechte, W'elche bald nässelte, bald vertrocknete, sich ab
schuppte und häufig sehr lästiges Jucken verursachte. Durch
vieles Gehen und Stehen entwickelte sich daraus ein oberfläch
liches Geschwür, welches bei Ruhe und milden Salben bald
heilte, dessen Sitz aber durch eine missfarbige, juckende und
sich öfters abschuppende Hautstelle bezeichnet blieb. Im
November 1833 erlitt der Mann bei gastrischem Fieber heftige
Schmerzen im Kniegelenke dieser Extremität, welches auch
anschwoll. Dieses Leiden wurde durch Blutegel und Haut
reize bald fast gänzlich beseitigt, allein im December wurde
bei einem neuen Fieberanfalle der ganze Unterschenkel schmerz
haft und schwoll immer mehr auf. Bei Mangel an Hülfe
nahm Schmerz und Geschwulst des Unterschenkels schnell zu.
Ein Wundarzt verordnete endlich erweichende Cataplasinen;
allein auch hierbei stieg Schmerz und Geschwulst des Unter
schenkels, besonders in der Wade; das Fieber exacerbirte
häufig, Pat. vprlor allen Appetit, schwitzte in der Nacht und
nahm an Kräften ab. — W. fand die ganze Wade stark ge
schwollen, beim Druck sehr schmerzhaft, in der Tiefe flu-
ctuirend und in sehr ausgedehnten, aber tief sitzenden Abscess
Verwandelt, welchen W. mit dem Bistouri öffnete, worauf
sich über ein Nösel guten Eiters entleerte. Die folgende
Nacht schlief Pat. lange und gut, die Schweisse hörten auf,
die Zunge wurde rein , das Fieber liess allmählig nach. Pat.
bekam bald wieder Appetit und erholte sich sehr schnell;
allein die Eiterabsonderung blieb reichlich, und die ganze
Wade hohl, so dass W. nach längerem, fruchtlosem Com-
pressivverbande, die ganze, den Abscess deckende und lose
Haut der Wade nach Oben und Unten spalteu musste. Nach
3 Monaten vernarbte die erweiterte Wunde. Der Schonung
der Extremität ungeachtet aber brach die neue Narbe noch
mehrmals auf, verheilte aber bald wieder. — Am 8. März
1836 wurde W. abermals zu dem Manne gerufen, weil sich
2 Tage vorher in dem früher leidenden Unterschenkel wie
der Schmerz eingestellt hatte. Das Fieber war bedeutend,
die Conjunctiva beider Augen schmutziggelb, die Zunge dick be
legt bei häufiger Diarrhöe; der linke Unterschenkel war sehr
heiss, etwas geschwollen und im ganzen Umfange schmerz
haft; beim Druck waren besonders die stark entwickelten
Hautvenen sehr empfindlich, die Haut war trocken, der Urin
dunkelroth und sehr trübe. W. verordnete Infus. IpecaC.
mit kleinen Gaben Salmiak und Blutegel an die leidende