348 I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
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Erfahrung gemacht, dass neue Entzündungen einzelner Organe
zur Besserung mancher länger bestehender Krankheiten der
selben wesentlich beitragen, wiewohl nicht zu leugnen ist,
dass im umgekehrten Falle solche accessqrische Entzündungen
in kranken, schon tiefer veränderten Organen und Geweben
weit öfters Nächtheil bewirken können. Ein Fall von glück
licheren Wendungen ist folgender: ein früher kräftiges und
gesundes, 22jähriges Mädchen bekam im Sommer 1824 be
sonders nach Weissbier und Buttermilch öfters Harnbrennen.
Da sich dasselbe unter stärkerer Schleimabsonderung immer
mehr verschlimmerte und während der Menstruation unerträg
lich wurde, suchte Pat. ira December bei H. Hülle. Die
Menstruation war seit 6 Wochen ausgeblieben und es zeigten
sich heftige Fieberbewegijogen. Scheide und Uterus waren
gesund, die Harnröhre aber an ihrer Mündung gerölhet, bei
Einführung des Calheters sehr empfindlich und die Blase, wie
die Untersuchungen mit dem Catheter ergaben, sehr zusam-
mengezogen. Beim Herausziehen des Catheters folgte immer
dicker, zäher, eiterähnlicher Schleim, bisweilen mit Blut ge
mischt. H. verordnete Decoct. uvcie ursi, Wildunger Was
ser und laue Bäder, später Liq. pulass. Ph. Loiitl. zu 3 Mal
15 — 20 Tropfen in schleimigem Vehikel, Eisenmittel, Ein
spritzungen von u4q. calc. in die Blase, Bah. fopaiv. und
Ol. Terebiuth. Doch wurde hierdurch nur die Absonderung
etwas beschränkt. Schon hatte H. beschlossen, Pat. im Fe
bruar ungeheilt zu entlassen, als diese plötzlich starken Schüt
telfrost bekam, worauf sich alle Symptome gefährlicher Cy-
stitis einstellten. Durch Aderlass, 3malige Anlegung von 10
Blutegeln, Calomel mit Opium und Einreibungen von Ung.
Merc. verschwand die Cystitis innerhalb 8 Tagen und zugleich
der frühere Kranklieitszustand. f.Hölscher’s Ilannov. Anna
len. Bd. IJL Hfl. 2.]
129. Heilung einer Bauchwassersucht nach
mehrmaliger Paracentese und dem Gebrauche
von Bädern; vom Oberamtsarzte Dr. Duerr zu Hall in
W'ürtemberg. Ein 9!jähriges Mädchen hatte früher viel an
scrophulösen Ausschlägen gelitten, welche nur durch Abfüh
rungsmittel und Antiscrophulosej allmählig verschwunden wa
ren; vor 1| Jahren aber war der Leib stärker und gespann
ter geworden. Anfangs hatte man diese Anschwellung des
Unterleibs durch scrophulöses Mitleiden der Mesenterialdrüsen
erklärt, spätere Untersuchung aber zeigte völlige Fluctuation.
Nur auf kurze Zeit war durch angemessene Mittel einiger Er
folg erreicht worden, der Gang der Pat. wurde immer be
schwerlicher, der Athem kürzer, der Schlaf nahm ab und es