I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 77
deutende Anstrengung die Augen mit den Händen zu bede
cken und sich auf einige Augenblicke zu beruhigen, aber
gleich darauf wären die hundertfältigen Erscheinungen wieder
gekommen und hätten ihm die peinlichste Unruhe erzeugt.
Der Puls, der Tags vorher bedeutend beschleunigt gewesen
war, war jetzt auffallend langsam. Pat. nahm 30 Tropfen
Laud. alle 4 Stunden fort und da Pat. Appetit verspürte, er
hielt er einige Tassen kräftigeu Gerstenschleim und einen hal
ben Schoppen Wein mit Wasser. Am 14. fand S. den Kran
ken in demselben ruhigen Zustande, wie am 13. Die Nacht
war ruhig gewesen; der Durchfall dauerte fort. Der Verf.
verschrieb Amylumklystiere, alle 2 Stunden eins. Die zweite
Portion, also zusammen eine ganze Unze Laud. war verbraucht.
Die Tropfen blieben nun weg. Am 15. hatte der Durchfall
nachgelassen; Pat. verspürte Hunger; er erhielt etwas kräf
tigere Kost und täglich einen Schoppen Wein. Jetzt geht der
Mann seinen Geschälten nach und ist ganz wohl. — Dieser
Fall ist in mehrfacher Hinsicht lehrreich: 1) die Ursache dea
plötzlichen Ausbruchs war auch hier das plötzliche Aufhören
des Genusses geistiger Getränke; nicht Uebermaass des Wein
genusses, 'sondern Enthaltsamkeit war Schuld, wie es auch
Stokes, Neuinannu. A. bei ihren Kranken wahrnah
men. 2) Dieser Fall beweist, welche enorme Gaben Opium
ein Kranker ertragen kann und auch wirklich nöthig hat. Es
scheint, als wenn auch hier zur Heilung ein Zeitpunct ein-
treten müsse, wo sich die Krankheit mit dem Arzneimittel so
zu sagen saturirt hat. Pat. nahm im Ganzen 1 Unze Laud.
liquidum (10 Tropfen enthalten 1 Gran Opium), ohne im
mindesten narcotische Zufälle verspürt zu haben. 3) Der hei
lige Durchfall während des Opiumgebrauchs scheint den vor
her benutzten Mercurialfrictionen zuzuschreiben zu seyn; denn
dieselbe Erscheinung beobachtete S. zu gleicher Zeit am Sohne
des Kranken, dem er, wegen bedeutender Laryngitis Quecksil
bereinreibungen in den Hals verordnet hatte. 4) Merkwür
dig ist endlich die Veränderung im Pulse uach dem Opium
gebrauche. Der Puls, der vorher bedeutend beschleunigt
war, wurde aufs Opium auffallend langsamer. — Zwei
ter Fall. Delirium tremens ohne vorhergegan
gene Krankheit. Am 21. Jan. Abends verlangte man
den Verf. zu einem Gastwirthe, der seit 2 Tagen närrisch
geworden seyn sollte. Da S. aber selbst unpässlich war, ver
schob er seinen Besuch bis zum nächsten Tage, wo er den
Kranken, einen 45jährigen, kräftig gebauten Mann im Zim
mer hastig mit augenscheinlicher Unruhe herumgehend fand.
Als Pat. ihn erblickte, reichte er ihm die Hand und sagte