60 IV. Gynäkologie und Pädiatrik.
anhaltenden Krampfe immer drohender wurde. Endlich
wurde dieser tonische Krampf durch ein Klystier aus 4 Un
zen lauwarmen Leinöls mit Laud. liquid, gelöst. Die Wöch
nerin wurde Abends 7 Uhr ruhig, verfiel in sanften Schlaf,
in welchem sie sehr schwitzte und erwachte nach zwei
Stunden, zwar sehr schwach, doch heiter und ohne Schmer
zen. — Das Kind hatte sich indess sehr verschlimmert; der
Athem wurde kürzer, die Stimme war fast erloschen, Ge
sicht und Extremitäten eiskalt. Am folgenden Morgen gegen
3 Uhr starb das Kind. — Die Wöchnerin befand sich wäh
rend der Nacht erträglich, hatte kein Fieber und keine
Schmerzen und schlief unter allgemeinem warmen Schweisse
mehrere Stunden ruhig; der contrahirte Uterus lag in der
rechten Multerseite, und die Lochien flössen sparsam und blutig.
B. reichte keine Arznei, da er den Verlauf des Wochenbet
tes der Natur überlassen wollte. — Wegen einer Reise konnte
B. erst am 3. Abends die Wöchnerin wieder sehen. — B.
fand den Puls auffallend gereizt und die Lochien häufig, sa-
niös und von aashaftem Gestank. Einige Stunden später trat
auch merklicher Frost ein, dem bald trockene, brennende
Hitze, Schmerzen in der Nabelgegend, bitterer Geschmack
und Neigung zum Erbrechen folgten. — Man hielt das Fie
ber für Milchfieber; allein das Fieber war zu stark, die
Schmerzen zu heftig und mehr im Unterleibe als im Becken,
die Brüste welk und milchleer und die Lochien allzuhäufig
und in der Qualität zu sehr verändert; das Fieber schien
vielmehr gastrisch, und schrieb sich entweder noch aus der
Schwangerschaft her, oder war neuerlich durch einen Diät
fehler veranlasst worden. B. verordnete daher das Wiener
Tränkchen mit Manna und Bilsenkrautextract, auf den Unter
leib aber flüchtiges Liniment mit Campher, Quecksilber und
Opium und ähnliche krampfstillende Breiumschläge nebst Kly-
stiren und Einspritzungen in die Mutterscheide. Am 4. wur
den die Lochien von Neuem blutig und auch Convulsionen
mit Ohnmächten abwechselnd kehrten zurück. Jetzt wurde
noch ein Arzt hinzugezogen, welcher in der Diagnose
und Aetiologie dieser Krankheit mit B. übereinstimmle und
der erwähnten Mischnng nur noch eine Unze Liiq. Ter)'•
foliat. Tartari hinzusetzte. Diese Mischung aber vertrug
die Kranke durchaus nicht, indem jede Dosis Erbrechen be
wirkte, sie wurde daher ausgesetzt und alle 2 Stunden 2
Gran Calomel mit 5 Gran Magnesia gereicht. Schon nach
zwei Gaben erfolgten zwei fäculer.te Stühle und mit dem drit
ten entledigte sich der Uterus, unter heftigem Drängen und
Schreien der Wöchnerin, auch des Restes, etwa eines Drit'