56 III. Chirurgie und Ophthalmologie.
der Puls war sehr gespannt, daher wurde am Abend eine
Venäsection vorgeoommen. Pat. brachte die Nacht sehr un
ruhig und in Delirien hin. Am 3. Tage verloren Fuss und
Zehen ihre vitale Wärme, Farbe und Gefühl, indem sich der
Brand ausbildete. Pat. erhielt Infus. Jlor. Arnicae und aro
matische Umschläge, welche aber nicht vertragen wurden und
daher mit kalten vertauscht w erden mussten. Der Puls wurde
sehr klein und weich und das Gesicht verfiel immer mehr.
Am 4. Tage war der Brand ausgebildet und das Fieber war
faulicht. Auf den brandigen Theil wurde Liq. Ammonii
vinosus verordnet; das sehr geschwollene, rothe und heisse
Knie aber mit kalten Umschlägen bedeckt. Um der Brand
jauche Abfluss zu verschaffen und die Kinwirkung derselben
auf die gesunden Theile zu mindern, wurden am 5. Tage
mehrere Einschnitte am Ober- und Unterschenkel gemacht;
doch bald war der ganze Unterschenkel vom Brande ergriffen,
das Allgemeinleiden nahin immer mehr zu und am 9. Tage
erfolgte der Tod. [Rust’s Magaz. f. d. ges. Heilk. Bd. 55.
Bft. 2.J
22. Vorfall des Mastdarmes und Bemerkun
gen über Pessarien; vom Kreisphys. Dr. Ludwig. Ein
2fjähriger Knabe, der längere Zeit an Durchfall mit Tenes-
mus gelitten hatte, bekam bedeutenden Mastdarmvorfall,
welcher nicht mehr zurückgehalten und zurückgebracht wer
den konnte. Nachdem Blutegel und Cataplasmen vergebens
angewandt worden waren, übernahm L. den sehr abgemager-
teu Kranken. Der Bauch war eingezogen; der Masldarm
lag, in Form eines Kegels, faustgross vor, war geröthet,
wo die Blutegel gesessen, geschwürig, und an andern Stel
len der Schleimhaut beraubt. Die Reposition gelang leicht,
indem L. den Zeigefinger der linken Hand in den Darm hin-
aufführte und mit den Fingern der andern Hand nachschob,
während die übrigen, ausgebreiteten Finger der linken Hand
das Zurückdrängen verhinderten. Kaum war der Darm zu
rückgedrängt, als der Knabe so heftig zu schreien anfing,
dass jener wieder vordrang; mehrmaliges Zurückbringen und
Vorlegen einer T-Binde halfen nichts, da der Drang zum
Stuhl und der Durchfall stets hinderte. — L. schnitt daher
von einer Caoutschuckflasche ein Segment in Form eines
Trichters ab, schob dieses hinter den Mastdarm her und
befestigte es mit einer am Ende gespaltenen T-Binde. Der
Knabe versuchte noch mehrmals, doch vergebens, das Pessa-
rium auszustossen. Hierauf wurde Decoctum Amyli mit G.
mhnos. eingespritzt und Cataplasma emolliens auf den Bauch
gelegt, worauf nach 14 Tagen der Apparat entfernt werden